Jens Schwamborn: Hirnorganoid-Modell um wesentlichen Bestandteil erweitert
29.05.2022
Wissenschaft, Forschung & Technik
Neurologische Krankheiten wie Parkinson greifen das menschliche Gehirn im Mittelhirn an. Jens Schwamborn und sein Unternehmen OrganoTherapeutics haben ein Modell entwickelt, mit dem sich diese komplexe Forschungsumgebung so genau abbilden lässt, dass die Ergebnisse direkt auf das lebende menschliche Mittelhirn übertragen werden können. Das Hinzufügen eines weiteren Zelltyps, der Mikroglia, ermöglicht nun eine noch komplettere Situation, in der sich die Angriffsweise von neurologischen Krankheiten erforschen und Wirkstoffe testen lassen.
DIE NEUROLOGISCHE KRANKHEIT PARKINSON
Morbus Parkinson gilt bislang als eine unheilbare Krankheit, die jeden Menschen befallen kann und die dauerhaft nur schwer zu behandeln ist. Sie greift das menschliche Mittelhirn an und ist daher für Neurowissenschaftler Jens Schwamborn die Basis zur Forschung mittels Hirnorganoiden. Zunächst gilt es, ein detailliertes Verständnis für die Angriffsweise von Morbus Parkinson zu ermitteln. Bisher bekannt ist, dass Parkinson die Substantia nigra im Mittelhirn angreift. Hier produzieren Nervenzellen den Botenstoff Dopamin, der unter anderem die Bewegungsabläufe des menschlichen Körpers steuert. Da Parkinson ein Absterben dieser Nervenzellen auslöst, kann im Körper kein oder nur noch wenig Dopamin produziert werden. In der Folge zeigt der Patient schließlich die typischen Parkinson-Symptome: er beginnt zu zittern und die Muskeln versteifen.
DAS HIRNORGANOIDEN-MODELL
Das von Jens Schwamborn und seinem Unternehmen OrganoTherapeutics entwickelte Hirnorganoiden-Modell basiert auf dem Prinzip, aus menschlichen Hautzellen Stammzellen zu generieren, aus denen dann weitere unterschiedliche Zelltypen wie beispielsweise Neuronen gezüchtet werden. Je nach Forschungsabsicht können bereits die Hautzellen die entsprechende Krankheit in sich tragen, so dass auch die daraus gewonnenen Stammzellen und deren Weiterzüchtungen diese Krankheit beinhalten. Alternativ können die gezüchteten Zellkulturen später mit entsprechenden Viren infiziert werden. Die so in vitro gezüchteten Neuronen sind in der Lage, sich zu vernetzen und Signale auszutauschen. Außerdem können sie die typischen Stoffwechselprodukte eines lebenden, aktiven Gehirns produzieren. So kann Jens Schwamborn an der Krankheit und ihrem Ansatzort forschen, ohne dabei tatsächlich auf ein lebendes menschliches Mittelhirn zugreifen zu müssen.
STAMMZELLEN ALS AUSGANGSPUNKT
Allmählich etabliert sich das Modell der laborgezüchteten dreidimensionalen Strukturen des Mittelhirns in der Neurowissenschaft. Jens Schwamborn und sein Unternehmen OrganoTherapeutics arbeiten mit sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen. Diese können keinen kompletten Organismus bilden, sind jedoch für die Forschung von großem Nutzen, weil sie relevante Zellstrukturen darstellen können, die im menschlichen Mittelhirn vorkommen. Das grundlegende Prinzip ermöglicht dabei nicht nur die Forschung an Morbus Parkinson. Auch andere Krankheiten wie beispielsweise die Corona-Infektion können mit dem Hirnorganoiden-Modell erforscht werden.
WARUM DAS EINFÜGEN VON MIKROGLIA WEGWEISEND SEIN KANN
Erst vor kurzem konnten Neurowissenschaftler nachweisen, dass das Zentrale Nervensystem (ZNS) über ein eigenes Immunsystem verfügt: die sogenannten Mikroglia-Zellen bilden in Gehirn und Rückenmark ein spezielles Abwehrsystem. Weitere Forschungen weisen darauf hin, dass Mikrogilazellen offenbar auch eine Rolle bei der Entstehung oder Verschlechterung von Erkrankungen wie Schlaganfall, Alzheimer, Down-Syndrom, Multipler Sklerose, Parkinson sowie Demenz bei Aids spielen. Jens Schwamborn und sein Team von OrganoTherapeutics gelang es nun, Mikroglia in die Struktur der in vitro gezüchteten Hirnorganoiden einzufügen. Auf diese Weise entsteht nun ein noch kompletteres Abbild der tatsächlichen Situation im lebenden menschlichen Mittelhirn und die Forschung an den Mini-Gehirnen kann nun noch detailliertere und präzisere Ergebnisse liefern.
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