TOUCHDOWN 21: Wie Menschen mit Down-Syndrom zu Forschern werden
01.08.2016
Bildung, Karriere & Schulungen
Der Entwurf zum neuen Bundesteilhabegesetz wird seit Wochen diskutiert. Wie Inklusion in der Wissenschaft funktionieren kann, macht das Projekt "TOUCHDOWN 21" vor, in dem Menschen mit und ohne Down-Syndrom die Trisomie 21 erforschen. Vor Kurzem wurde es von der Initiative "Deutschland - Land der Ideen" und der Deutschen Bank als "Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen" prämiert.
Gab es Menschen mit Down-Syndrom schon immer? Wie erleben sie ihre Umwelt? Welche Vorurteile haben andere ihnen gegenüber? Im Projekt TOUCHDOWN 21 forschen Menschen mit und ohne Down-Syndrom über das Handicap. "Die Ergebnisse präsentieren wir auf unserer Internetplattform. Unser Ziel ist es, dort alle verfügbaren Informationen rund um das Down-Syndrom zu sammeln und Experten aus diesem Bereich zu vernetzen", sagt Humangenetikern Dr. Katja de Braganca, die das Forschungsprojekt ins Leben gerufen hat. Dafür machen sich die Kollegen mit Down-Syndrom beispielsweise auf den Weg ins Chromosomenlabor oder diskutieren zusammen mit Forschern in Workshops.
Hier wird Klartext geredet
Die Regeln für die Zusammenarbeit sind einfach: "Forscher, die bei unserem Projekt mitmachen wollen, müssen in der Lage sein, ihre Arbeit in verständlicher Sprache zu erklären", so de Braganca. Zusammen mit dem Psychologen und Pädagogen Prof. Andre Zimpel von der Universität Hamburg sind die Mitarbeiter von TOUCHDOWN 21 etwa der Frage nachgegangen, wie Menschen mit Trisomie 21 lernen. Dabei zeigt sich bei mathematischen Fragestellungen: Rechnen die Betreffenden in Zweier-Einheiten statt in Fünferreihen wie sonst üblich, fallen ihnen die Aufgaben viel leichter. Ein anderes Projekt, mit dem sich die Mitarbeiter von TOUCHDOWN 21 beschäftigen, erforscht das Leben von Zwillingen, von denen der eine das Down-Syndrom hat und der andere nicht.
Die Ergebnisse finden sich in verständlicher Sprache auf der Website touchdown21.info wieder. Geschrieben werden sie von den Mitarbeitern mit Down-Syndrom. "Wir erklären es so, dass es jeder versteht - ob Betroffene, Wissenschaftler oder Laien", sagt die Online-Redakteurin Anne Leichtfuß, die das Projekt als Fachfrau für "verständliche und klare Sprache" begleitet. Und nicht nur wissenschaftliche Informationen gibt es auf der Plattform. Im Bereich "Mein Alltag" können Interessierte lesen, wie Menschen mit Down-Syndrom leben - was sie glücklich macht, wie sie wohnen oder wo sie gerne arbeiten. De Braganca: "TOUCHDOWN 21 zeigt, wie die Zusammenarbeit von Menschen mit und ohne Down-Syndrom zur Normalität wird - Teilhabe, die von Vielfalt lebt und Andersartigkeit integriert."
Mehr Inklusion möglich machen
Inklusion, die für andere Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen noch längst keine Selbstverständlichkeit ist. Vielen wird nur eine Tätigkeit in speziellen Werkstätten angeboten. Ein Wechsel in den regulären Arbeitsmarkt ist kaum möglich. Leichtfuß: "Ich würde mir wünschen, dass die Berufsberatungen in Förderschulen Menschen mit Down-Syndrom auch andere berufliche Möglichkeiten aufzeigen. Um zu entscheiden, ob ich mir zutraue, beispielsweise in einem Hotel oder einer Praxis zu arbeiten, muss ich mir ein Bild von den vorhandenen Optionen machen können."
Dass es Vertrauen in Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung braucht, damit Inklusion gelingen kann, zeigt auch das Magazin "Ohrenkuss", das de Braganca 1998 Jahren gegründet hat und für das Menschen mit Trisomie 21 texten. "Vor über zwanzig Jahren gab es selbst unter Wissenschaftler noch das Vorurteil, dass man mit diesem Handicap nicht schreiben oder lesen lernen kann. Mit unserem professionellen Magazin, das bereits vielfach ausgezeichnet wurde - unter anderem 2006 von der Initiative "Deutschland - Land der Ideen" - haben wir das Gegenteil bewiesen", so de Braganca.
Ein Interview mit Katja de Braganca, Humangenetikerin und Gründerin des Projekts, sowie Anne Leichtfuss, Webmasterin des "Ausgezeichneten Orts" TOUCHDOWN 21, finden Sie https://www.land-der-ideen.de/presse/meldungen/werkstattarbeit-ist-nicht-einzige-option .
Über Deutschlands Innovationswettbewerb "Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen": "NachbarschafftInnovation - Gemeinschaft als Erfolgsmodell": Unter diesem Motto steht der Wettbewerb 2016. Die Initiative "Deutschland - Land der Ideen" und die Deutsche Bank würdigen bundesweit die 100 besten Projekte, die den Mehrwert und das Potenzial gemeinschaftlichen Handelns für die Gesellschaft aufzeigen, ob in Nachbarschaftsinitiativen, Unternehmenskooperationen oder wissenschaftlichen Netzwerken. Mehr Infos zu den diesjährigen Preisträgern und zum Wettbewerb auf http://www.ausgezeichnete-orte.de.
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