Vegan.eu wirft DGE Widersprüche in vegan-Stellungnahme vor
21.04.2016
Essen & Trinken
In einer neuen Stellungnahme zur veganen Ernährung gelangt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu der Schlussfolgerung, dass sie eine vegane Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit nicht empfehle. Das vegane Info-Portal http://www.vegan.eu hat die DGE Stellungnahme unter die Lupe genommen und die Ergebnisse dokumentiert (hier: http://www.vegan.eu/meldung/dge-neu-vegan.html ). Hauptergebnis sei, dass die zusammenfassenden Schlussfolgerungen der DGE in weiten Teilen dem eigentlichen Inhaltsteil der eigenen Stellungnahme widersprächen bzw. durch die dort berichteten Forschungsbefunde nicht gedeckt würden. Dies erkläre auch nach Einschätzung von vegan.eu, warum die weltweit größte ernährungswissenschaftliche Vereinigung, die Academy of Nutrition and Diatetcs, sowie große kinderärztliche Fachverbände im Gegensatz zur DGE zu einer positiven Einschätzung der veganen Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit gelangten. Demgegenüber gebe die DGE für diesen auffälligen Widerspruch keinerlei eigene Erklärung.
Mit der vorgelegten Dokumentation zu Auslassungen, Fehlern und Einseitigkeiten der DGE-Stellungnahme möchte das Internetportal nach eigenen Angaben der Gefahr entgegenwirken, dass in der öffentlichen Diskussion lediglich über die Empfehlungen der DGE diskutiert werde, dabei aber die diesen Empfehlungen widersprechenden wissenschaftlichen Fakten ignoriert würden. Durch die Dokumentation auf vegan.eu solle es Journalisten und der interessierten Öffentlichkeit erleichtert werden, sich ein eigenes Bild zu möglichen Vorteilen und Nachteilen der veganen Ernährung zu machen.
Vegan.eu wirft der DGE insbesondere folgende Fehler vor:
- Es herrsche eine Lücke zwischen den zusammenfassenden Empfehlungen der DGE und dem eigentlichen Inhaltsteil der Stellungnahme. In der Zusammenfassung würden alle im Inhaltsteil noch genannten positiven wissenschaftlichen Forschungsbefunde zur veganen Ernährung komplett ausgelassen.
- Die Zusammenfassung der DGE konzentriere sich auf kritische Nährstoffe bei veganer Ernährung. Sie gehe aber nicht auf die Tatsache ein, dass im Inhaltsteil der Stellungnahme ebenso Nährstoffe benannt würden, die bei fleischbasierter Ernährung im Vergleich zur veganen Ernährung kritisch seien. Dies betreffe spezifisch Vitamin C, Vitamin E, Thiamin und Folat, Magnesium und Kalium, sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Damit entstehe der falsche Eindruck, dass die vegane Ernährung generell mit Nährstoffdefiziten verbunden sei, während in Wirklichkeit beide, fleischbasierte und vegane Ernährung, bei schlechter Planung lediglich in unterschiedlichen Nährstoffdefiziten resultierten.
- Die DGE gestehe ein, dass eine vegane Ernährung im Hinblick auf die großen ernährungsbedingten Erkrankungen vorteilhafter sei als die derzeitige Durchschnittsernährung der Bevölkerung. In der Zusammenfassung werde dieser zentrale Sachverhalt aber mit keinem Wort erwähnt.
- Die DGE zitiere selbst im Inhaltsteil eine aktuelle Übersichtsarbeit, die zu dem Ergebnis gelange, dass eine gut geplante vegane Ernährung in der Schwangerschaft sicher sei und zu keinerlei Schwangerschaftskomplikationen oder Entwicklungsdefiziten führe. In der eigenen Zusammenfassung werde dieser wissenschaftliche Befund unverständlicherweise ausgelassen!
- Die DGE weise im Inhaltsteil auf eine aktuelle und ausführliche wissenschaftliche Überblicksarbeit hin, die zu dem Ergebbnis komme, dass Säuglingsnahrung auf Sojabasis sich in ihren Auswirkungen auf Wachstum, Knochengesundheit, reproduktive, endokrine und neurologische Funktionen sowie das Immunsystem nicht von Kuhmilchpräparaten oder Muttermilch unterscheide. Diesem Befund setze die DGE dann eine sehr viel ältere Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) entgegen, welches weitaus weniger Befunde berücksichtige und lediglich auf theoretische Risiken hinweise, die sich gerade in den Forschungen nicht bestätigt hätten. In der Zusammenfassung werde dieser wissenschaftliche Hauptbefund weggelassen.
- Die DGE empehle die vegane Ernährung von Kindern und Jugendlichen im Kindes- und Jugendalter nicht. In ihrer gesamten Stellungnahme gehe sie aber auf nicht eine einzige Studie ein, die die Gesundheit veganer Kinder oder Jugendlicher untersucht hätte! Es sei ein schwerer Mangel der DGE-Studie, vorliegende positive Studien einfach zu ignorieren.
- Die DGE gestehe ein, dass weltweit führende ernährungswissenschaftliche Fachverbände und kinderärztliche Fachverbände eine gesunde vegane Ernährung von Schwangeren, Stilllenden und Kindern für möglich hielten. Die DGE zeige nicht auf, warum sie zu einer gegenteiligen Bewertung gelange. In ihrer Zusammenfassung ignoriere die DGE die Position der weltweit führenden Fachverbände vollständig.
- Die DGE zeige im Inhaltsteil auf, dass bis auf Vitamin B12 sämtliche kritischen oder potentiell kritischen Nährstoffe bei guter Kostzusammenstellung im Rahmen einer veganen Ernährugn ausgeglichen werden können. Lediglich bei Vitamin B12 sei eine Supplementierung zwingend. Dies spreche aber nicht gegen die vegane Ernährung, zumal die DGE beispielsweise auch allen Schwangeren die Einnahme von Folat und allen Säuglingen die Einnahme von Vitamnin D empfehle. Die DGE übertreibe die Schwierigkeit, das Risiko eines Vitamin B12 Mangels durch eine einfache Supplementierung auszuschließen.
- Die DGE ignoriere wissenschaftlich belegte positive Auswirkungen einer veganen Ernährung auf Ökologie und weltweite Ernährungssicherheit. Dies sei nicht zeitgemäß und blende aus, dass Fragen von Ökologie und Welthunger letztlich ebenfalls Fragen der menschlichen Gesundheit seien, denen sich eine ernährungswissenschaftliche Vereinigung stellen müsse.
Der Verfasser der kritischen Stellungnahme zur DGE-Stellungname, Diplom-Psychologe Dr. Guido F. Gebauer, meint, dass die enorme Lücke, die zwischen dem Inhaltsteil und der Zusammenfassung der DGE-Stellungnahme klaffe, aus psychologischer Sicherweise wohl auf negative Einstellungen und Vorurteile der Verfasser gegen die vegane Ernährung hinweise. Anders könne er es sich jedenfalls nicht erklären, dass die DGE eine zusammenfassende Empfehlung veröffentliche, die durch die selbst zitierten Forschungsbefunde in keiner Weise gedeckt werde.
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