Schwere Zeiten für klassische Markenprodukte
08.06.2015
Handel & Dienstleistungen
sup.- Im Supermarktregal stehen sie nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, aber tatsächlich trennen Markenartikel und Handelsmarken Welten. Was sich für den Käufer als Wahl z. B. zwischen verschiedenen Brotaufstrichen, Limonaden oder Waschmitteln darstellt, steht in Wirklichkeit für zwei grundsätzlich unterschiedliche Vertriebsvarianten. Die klassischen Markenartikel bekannter Hersteller konkurrieren dabei mit den Eigenmarken der großen Handelsunternehmen und Discounterketten. Diese Eigenmarken in nahezu sämtlichen Warengruppen, die nur im Filialnetz der jeweiligen Kette verkauft werden, haben bereits einen Anteil von über 40 Prozent am Einzelhandelsumsatz in Deutschland.
Nun heißt es ja, dass Konkurrenz das Geschäft belebt, aber in diesem Fall rücken die Rahmenbedingungen den Wettbewerb in extreme Schieflage. Denn große Handelsketten haben die Möglichkeit, die Präsentation und die Preisgestaltung ihrer Marken bundesweit für alle Filialen zentral zu steuern. Externe Markenhersteller müssen dagegen überhaupt erst einmal mit ihren Produkten Aufnahme in das Sortiment der Handelsketten finden. Dass die Filialketten dabei ihre Marktmacht ausspielen und meistens die Konditionen diktieren, hat das Bundeskartellamt erst jüngst im Rahmen einer umfangreichen Marktbeobachtung festgestellt. Während es also z. B. für die bundesweite Preiserhöhung eines Handelsmarken-Produktes lediglich einer zentralen Order bedarf, haben die Hersteller von Markenartikeln praktisch keinen Spielraum für flächendeckende Preisanpassungen. Dieses Ungleichgewicht bereitet gerade den Herstellern von so genannten Premium-Marken Probleme, denn deren Kunden erwarten hochwertige Qualität, beste Zutaten und erstklassigen Kundenservice. Sollten sich die dafür erforderlichen Verkaufspreise nicht mehr durchsetzen lassen, brechen für die klassischen Markenprodukte schwere Zeiten an.
Dieser Konflikt wird noch dadurch verstärkt, dass ausgerechnet das Kartellamt die Machtstrukturen im Handel zementiert. Die Wettbewerbshüter möchten dem Kunden die Kaufentscheidung abnehmen, indem sie immer häufiger das höhere Preisniveau von Qualitätsmarken unter den Verdacht kartellrechtlich verbotener Absprachen stellen. Als Basis einer Unschuldsvermutung haben nach dieser Logik nur Discountprodukte im Niedrigpreis-Segment zu gelten. "Mit einer solchen Feststellung zeigt das Kartellamt seine realitätsferne Beurteilung von Wirtschaft", meint Detlef Brendel (http://www.pressebuero-brendel.com), Autor des Fachbuchs "Wirtschaft im Würgegriff / Wie das Kartellamt Unternehmen blockiert" (Campus Verlag, ISBN 978-3-593-50150-5). Nach seiner Ansicht droht ein behördlich geregeltes "Discountry" statt einer vielfältigen Warenlandschaft, die die Wahl zwischen unterschiedlichen Preisstufen dem Kunden überlässt: "Wir haben heute die Situation, dass der Wettbewerb gegen das Kartellamt verteidigt werden muss."
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