Einkaufsverhalten in Ost und West
07.03.2016
Handel & Dienstleistungen
sup.- Zu Zeiten der deutschen Teilung gab es bekanntlich zwischen Ost und West erhebliche Unterschiede bei der Ausstattung und der Angebotsvielfalt von Einkaufsgeschäften. Heute spielt es längst keine Rolle mehr, ob eine Shopping-Tour in Köln oder Dresden stattfindet. In allen Innenstädten finden sich Filialen der gleichen Handelsketten und jüngere Verbraucher kennen Versorgungsengpässe oder Hamsterkäufe allenfalls aus dem Geschichtsunterricht. Bundesweit identisch ist z. B. auch die Tatsache, dass beim Einkauf von Kleidung und Schuhen 73 Prozent der Deutschen ihre Auswahl alleine treffen, während 21 Prozent gerne jemanden zur Beratung mitnehmen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Instituts für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung GmbH (IMK). Der kleine Rest von sechs Prozent der Befragten gibt zu, bequemerweise eine andere Person für sich einkaufen zu lassen oder hat, noch simpler, die entsprechende Frage gar nicht beantwortet.
Die "West-Ost-Markenstudie 2015" hat auch ermittelt, wer denn als Begleitperson bevorzugt wird, wenn das Shoppen in Gesellschaft erfolgt. Und hier zeigen die Umfrageergebnisse tatsächlich noch einige Abweichungen zwischen ost- und westdeutschen Kunden. Als Berater für Modeeinkäufe schätzen 72 Prozent in den neuen Bundesländern den Ehe- bzw. Lebenspartner. In Westdeutschland trifft das nur auf 64 Prozent der Käufer zu. Dafür stehen im Westen beste Freunde oder Freundinnen als Shopping-Begleitung mit 22 Prozent der Nennungen höher im Kurs als im Osten (17 Prozent). Auf Platz drei der beliebtesten Ratgeber kommt in den alten Bundesländern mit 15 Prozent die eigene Mutter, obwohl die Umfrage-Zielgruppe ausschließlich Erwachsene ab 18 Jahre umfasste. In ostdeutschen Modegeschäften ist die Meinung der Mutter für 11 Prozent der Kunden relevant. Dem Vater trauen unabhängig von der Region allerdings nur zwei Prozent eine kompetente Beratung in Stilfragen zu.
Weitere Resultate der IMK-Befragung: Grundsätzlich legen heute auch die Allein-Entscheider beim Einkaufen Wert auf Warenvergleiche sowie eine anspruchsvolle Auswahl. Für 75 Prozent der Westdeutschen und 76 Prozent der Ostdeutschen ist eine hohe Produktqualität wichtig bzw. sehr wichtig und damit das bedeutsamste Kaufkriterium. Ebenfalls entscheidend sind positive Vorerfahrungen mit dem Produkt (66 bzw. 70 Prozent), während ein günstiger Preis nur von 51 Prozent der Westdeutschen und 57 Prozent der Ostdeutschen genannt wird. Dieser Trend zum qualitätsbewussten Einkaufen ist jedoch nach Ansicht von Handelsexperten durch das Bundeskartellamt bedroht, dem eine Mitverantwortung für das Verschwinden stationärer Ladengeschäfte vorgeworfen wird. Der Einzelhandel in den Innenstädten ist nämlich nicht allein durch das Wachstum der Online-Shops gefährdet, sondern zunehmend auch durch Kartellamtsvorgaben, die ausschließlich eine am Discount-Niveau orientierte Preisgestaltung akzeptieren. Aufwendungen für Verkaufs- und Präsentationsflächen, qualifiziertes Personal und umfangreiche Serviceleistungen dürfen in den an Online-Preisen zu orientierenden Kalkulationen keine Rolle spielen und sind deshalb für viele Geschäftsinhaber nicht mehr finanzierbar. "Es ist das Bestreben der Behörde, aus Deutschland ein "Discountry" zu machen", kritisiert der Wirtschaftspublizist Detlef Brendel (http://www.pressebuero-brendel.com) in dem Fachbuch "Wirtschaft im Würgegriff / Wie das Kartellamt Unternehmen blockiert" (Campus Verlag, ISBN 978-3-593-50150-5). Längst überwunden geglaubte Erfahrungen der Ostdeutschen mit mangelnder Produktvielfalt könnten langfristig in ganz Deutschland die Folge dieser Behördenpolitik sein.
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