Brad Warner verrät, was Zen und Punkrock gemeinsam haben
31.01.2011
Kunst & Kultur
Punkrock, Monsterfilme, Buddhismus - kaum ein Zen-Meister verkörpert den Brückenschlag zwischen Gegenwartskultur und ehrwürdiger Tradition so wie der Amerikaner Brad Warner. Im Jahr 2007 brach für ihn eine Welt zusammen: Erst starb seine Mutter, dann seine Großmutter. Seine Frau trennte sich, er verlor seinen Traumjob - und wurde von Freunden enttäuscht. Höchste Zeit für eine Bestandsprobe: Hilft der Buddhismus wirklich dabei, mit Leiden umzugehen?
BIELEFELD. Ist Meditation eine angemessene Reaktion auf so viel Ungemach oder bloße eine Form spiritueller Realitätsflucht? Diese Frage begleitete Warner durch ein Katastrophenjahr, das ihn zum emotionalen Entrümpeln zwang. Wie das geht, bekam er im Zen glaubhaft vorgelebt: "Götter, Dämonen, Statuen, protzige Tempel voller aufwändiger Gemälde und sämtliche Arten ähnlich nutzlosen Mülls - Zen strebt danach, all diesen Kram loszuwerden und zu dem zurückzukehren, was wirklich zählt." Das Ergebnis? Ein realistischerer Rahmen, in dem die Welt gesehen werden kann.
Dieses Ziel schrieb sich auch die Hardcore-Bewegung auf ihre Flaggen - Warner ist nach wie vor Bassist der US-Punkband Zero Defex. Und hat als solcher eine angeborene Abscheu gegenüber Autoritätspersonen. Was also tun gegen die Versuchung, als berühmter Zen-Meister zum spirituellen V.I.P. aufzusteigen? Schnell bekommt die Superman-Fassade beim Blick hinter die Kulissen "großer Meister" einen Knacks. Deshalb versucht Warner erst gar nicht, den Eindruck salbungsvoller Erleuchtung zu erwecken. Gewohnt provokant, gewitzt und unkonventionell räumt er in seinem neuen Buch mit gängigen Klischees auf, wie "Spiritualität zu sein hat".
Seine Botschaft: Zen zu lehren und zu praktizieren ist eine in höchstem Grade menschliche Aktivität, die von echten Menschen inmitten ihres echten Lebens verrichtet wird. Keine Ultimativlösung also, sondern eine realitätsnahe, praktische Methode, um ein ausgeglichenes und glückliches Leben zu führen. Einen Ausweg aus dem Leiden gibt es schon - schließlich ist Warner überzeugt, dass es in jedem menschlichen Wesen etwas sehr Tiefgründiges gibt. Etwas, das den Grund für das Leiden "an der Wurzel ausreißen kann", wie Buddha es nannte. "Nur der Weg dahin sieht absolut nicht so aus wie Du Dir vorstellst, dass er aussehen sollte", so Warner. Und wer ihn auf seinem beherzten Zen-Trip begleitet, hat begriffen: Die Philosophie des Zen ist von der Praxis nicht zu trennen. Niemals. Nehmen wir also Platz auf dem Kissen und widmen uns nichts als purer, klarer Meditation.
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