Caritas-Journalistenpreis geht an Katja Bauer von der Stuttgarter Zeitung
23.01.2018
Medien & Kommunikation
Stuttgart/Freiburg, 23. Januar - Die Preisträger des 29. Caritas-Journalistenpreises stehen fest: Der mit 3.000 Euro dotierte erste Preis geht an die Journalistin Katja Bauer aus Berlin für ihre Reportage "Mein Bruder, das Solidarsystem und ich" in der Stuttgarter Zeitung. Die Reporterin erzählt darin sehr eindrücklich vom Ringen einer pflegenden Angehörigen mit der Behandlungs- und Betreuungsbürokratie in Deutschland. Sie schildert eigene Erfahrungen aus der persönlichen Perspektive der Schwester, die sich um ihren pflegebedürftigen Bruder kümmert. Die beiden zweiten Preise mit jeweils 1.500 Euro gehen an Susanne Bessler für ihre SWR-Fernsehreportage "Am Ende ist noch Platz für Glück" über ein Ärzteteam, das todkranke Kinder begleitet, und an Stefanie Meinecke für ihr SWR2-Hörfunk-Feature "Umstritten: Das neue Prostituiertenschutzgesetz". Mit einer "Lobenden Erwähnung" wird die 17-teilige Serie "Inklusion im Kinzigtal" der Autorinnen Claudia Ramsteiner, Christiane Agüera Oliver und Karin Mosmann im Hausacher Lokalteil des Offenburger Tageblatts gewürdigt.
Der Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg wird von den beiden Caritasverbänden für die Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung würdigt die Caritas im Land Autorinnen und Autoren für herausragende publizistische Beiträge aus dem sozialen Bereich. Für den 29. Caritas-Journalistenpreis lagen insgesamt 72 Wettbewerbsbeiträge aus Presse, Hörfunk, Fernsehen und Online-Medien vor, aus denen eine unabhängige Jury die Preisträger ermittelte. Die Verleihung der Preise erfolgt am 7. Februar 2018 in Stuttgart im Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung der Caritas Baden-Württemberg.
Die Begründung der Jury:
"Mein Bruder, das Solidarsystem und ich" ist eine persönliche Geschichte darüber, wie eine Familienangehörige sich für ihren kranken, behinderten Bruder einsetzt. Es ist zugleich eine Geschichte, wie sie sich in vielen Familien landauf landab häufig ereignet, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Die Journalistin Katja Bauer, Reporterin im Berliner Büro der Stuttgarter Zeitung, hat das selbst erfahren. Wenn der eigene Bruder zum Pflegefall wird, steht die Familie oft vor einem Leidensweg. Sie kämpft gegen die Bürokratie im Sozialsystem und sie stößt an die Grenze der eigenen Belastbarkeit. Katja Bauer beschreibt aus eigener Betroffenheit, wie sie als Schwester "aus dem Nichts" mit der Krankheit ihres Bruders konfrontiert wird, Verantwortung für seine Pflege übernimmt und mit den Tücken des Verwaltungsapparats im Sozialsystem zu kämpfen hat. Dieser steht wie eine Wand vor ihr und treibt sie manchmal in die Verzweiflung. Die Autorin gibt in diesem hervorragend geschriebenen Text bewusst ihre professionelle journalistische Distanz auf und berichtet aus der Ich-Perspektive. Ergreifend schildert sie ein familiäres Drama, das diejenigen, die es nicht aus eigenem Erleben kennen, sich nicht vorstellen können. Atmosphärisch dicht schildert Katja Bauer die Höhen und Tiefen von pflegenden Angehörigen, die nicht nur den täglichen Spagat zwischen Familie und Beruf auszuhalten haben, sondern sich auch mit Absurditäten des Solidarsystems herumschlagen müssen. Woraus sie allen Widrigkeiten zum Trotz Kraft schöpfen, ist das Prinzip Hoffnung. Auch davon erzählt die Journalistin Katja Bauer und ihr Bericht wird zu einem sehr menschlichen Bekenntnis.
Der zweijährige Ensar hat eine unheilbare Stoffwechselerkrankung, bei der es zu Ablagerungen im Gehirn kommt. Dennis, 17, hat seit vier Jahren Leukämie und nach unzähligen, erfolglosen Krankenhausaufenthalten keine Kraft und Energie mehr für weitere Therapien. Die Familie von Ensar und Dennis haben den Wunsch, die noch verbleibende Zeit zu Hause zu verbringen. Das ermöglichen ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinder-Palliativteams Rhein-Neckar. Die SWR-Redakteurin Susanne Bessler hat die beiden Ärzte der Kinderklinik Heidelberg, Jochen Meyburg und Jeannine Lacroix, stellvertretend für den Rest des Teams einen Monat lang bei ihrer Arbeit mit todkranken Kindern begleitet. Herausgekommen ist ein berührender, zu Herzen gehender und zugleich sehr lebensbejahender Beitrag. Der Film "Am Ende ist noch Platz für Glück" zeigt sehr bewegend Menschen, die sich dem Leben verschrieben haben und daraus im Angesicht des Todes eine unglaubliche Kraft entwickeln: Der Arzt, der viel mehr gibt, als medizinische Versorgung, der die Familien nicht sich selbst überlassen, sondern ihnen Erinnerung ermöglichen will; die Familien, die mit großer innerer Stärke die letzte Wegstrecke mit ihren sterbenskranken Kindern sehr intensiv erleben. Mit großer Eindrücklichkeit erzählt der Film von harten menschlichen Schicksalen und menschlicher Zuwendung weit über das professionelle Maß hinaus.
Das Feature "Umstritten: Das neue Prostituiertenschutzgesetz" ist ein herausragendes Hörfunkstück über ein Thema, das man gern in die Schmuddelecke verbannt. Käuflicher Sex - darüber spricht man nicht. Und schon gar nicht mit Frauen, die anonym in diesem Gewerbe arbeiten. Ganz anders sieht das die Radiojournalistin Stefanie Meinecke. Über viele Jahre schon beschäftigt sie sich mit dem Kosmos "Rotlichtmilieu" und vor allem mit den Frauen, die darin leben und arbeiten. Da ist viel Vertrauen und Nähe gewachsen. Das wird in dem Beitrag spürbar. Meinecke bringt Licht in die Lebensverhältnisse der Frauen und demontiert so das Bild von der selbstbestimmten gut verdienenden Hure. Sie eröffnet zum Teil drastische Einblicke in ein trostloses Leben, das die sogenannten Sex-Arbeiterinnen hinter den glitzernden Leuchtreklamen führen: ihre körperlichen und psychischen Leiden, die Erniedrigung, als käufliches Objekt und damit als Ware behandelt zu werden. Die Autorin gibt den Prostituierten eine Stimme, sie leuchtet sehr differenziert unterschiedliche Perspektiven aus, bleibt kritisch dran am Thema und lässt sich nicht vom oberflächlichen Schein täuschen. Sie bezieht klar Position für die Frauen, die tatsächlich des Schutzes bedürfen. Ob das neue Prostituiertenschutzgesetz das leistet oder nicht doch eher ein Prostitutionsverwaltungsgesetz ist? Diese Frage stellt Stefanie Meinecke unter dem Blickwinkel der Menschenwürde mit großer Nachdrücklichkeit. Aufwändige Recherche, fundierte Sachinformationen und eine sehr gelungene Darstellung machen das Feature zu einem herausragenden, preiswürdigen Beitrag.
Inklusion - was bedeutet das eigentlich? Das gleichberechtigte Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung in der Gesellschaft ist ein hehres Ziel, über das allerdings oft sehr theoretisch diskutiert wird. Mit ihrer 17-teiligen Serie "Inklusion im Kinzigtal" in der Hausacher Lokalausgabe des Offenburger Tagesblatts beleuchten die drei Autorinnen Claudia Ramsteiner, Christiane Agüera Oliver und Karin Mosmann das Thema in der unmittelbaren Lebenswelt der Leserschaft. Sehr facettenreich - von der Sachebene bis hin zu eindrücklichen Einzelporträts - greift die Serie viele unterschiedliche Aspekte des komplexen Themas auf. Sie geben etwa Einblick, wie ein Kind mit Behinderung einen regulären Kindergarten besuchen kann oder sie spiegeln eine Diskussionsrunde mit Sonderpädagoginnen, die über Anspruch und Wirklichkeit von Inklusion diskutieren. Nah an der Lebenswirklichkeit der Menschen im Kinzigtal buchstabiert sie den Begriff Inklusion gleichsam durch, zeigt auf, wo sie gelingt und wo es noch hapert. Eine solche Serie in einer Lokalredaktion mit ihren überschaubaren Ressourcen zu verwirklichen, geht weit über das normale Tagesgeschäft hinaus und erfordert viel Herzblut
Caritas-Journalistenpreis Katja Bauer Susanne Bessler Stefanie Meinecke Claudia Ramsteiner Christiane Agüera Oliver Karin Mosmann
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