"Aus Pflegestufen werden Pflegegrade" - Verbraucherinformation der DKV
07.11.2016
Medizin, Gesundheit & Wellness
Zum Jahreswechsel ändert sich Grundlegendes in der Pflegeversicherung: Ab 1. Januar 2017 wird es statt der drei Pflegestufen fünf Pflegegrade geben. Menschen mit geistigen oder psychischen Erkrankungen werden denen mit körperlichem Hilfebedarf gleichgestellt. Angehörige sollen bei der Pflege entlastet werden. Auf welche Veränderungen müssen sich Pflegebedürftige einstellen? Was bedeutet die Reform für Verbraucher, die bereits eine private Pflegeversicherung haben? Alexander Winkler, Pflegeexperte der DKV Deutsche Krankenversicherung, gibt Antworten.
Nur noch knapp zwei Monate, dann wird das Pflegestärkungsgesetz II die Einstufung der Pflegebedürftigkeit grundlegend verändern: Kernstück der Reform ist die Umwandlung der drei bisher existierenden Pflegestufen in fünf Pflegegrade. "Bisher richtete sich die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit vor allem nach den körperlichen Gebrechen", erklärt Alexander Winkler, Pflegeexperte der DKV Deutsche Krankenversicherung. "Demenzkranke kamen dabei zu kurz." Hauptanliegen des Pflegestärkungsgesetzes II ist daher, Menschen mit geistigen und psychischen Einschränkungen besser zu berücksichtigen. Statt wie bislang den täglichen Hilfebedarf in Minuten zu Grunde zu legen - beispielsweise Pflegestufe I für 46 Minuten notwendige Pflege -, ist bei der Einstufung künftig die Frage entscheidend: Wie selbstständig kann der Betroffene ohne Unterstützung von anderen leben? Um dies zu bestimmen, kommen sechs wichtige Lebensbereiche unter die Lupe, darunter nicht nur Mobilität und Selbstversorgung, sondern etwa auch die Fähigkeit, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Je größer die Einschränkungen in jedem Bereich, desto mehr Punkte vergibt der Gutachter. Aus der Gesamtpunktzahl ergibt sich dann der Pflegegrad. Der Gesetzgeber erwartet, dass zukünftig 500.000 Menschen zusätzlich Leistungen aus der Pflegeversicherung bekommen. "Das neue System gilt aber auch für alle, die bereits eine Pflegestufe haben", so Alexander Winkler. "Ein neuer Antrag oder eine erneute Begutachtung ist nicht erforderlich. Die Übertragung läuft nach einer vom Gesetzgeber festgelegten Systematik automatisch." Die Pflegekasse informiert den Pflegebedürftigen schriftlich darüber, welcher Pflegegrad für ihn gilt.
Auswirkungen auf Pflegebedürftige
Angst vor einer Schlechterstellung brauchen Pflegebedürftige nicht zu haben: Das Gesetz stellt sicher, dass niemand, der bereits Leistungen bezieht, nach der Umstellung weniger bekommt. Für die meisten gilt das Gegenteil: "Fast allen Pflegebedürftigen stehen künftig höhere Leistungen zu. Und durch die Gleichstellung körperlicher und geistiger Beeinträchtigungen erhalten zum Beispiel an Demenz Erkrankte früher Leistungen", erklärt der DKV Experte.
Finanzierungslücken trotz Gesetzesreform
In Folge der Gesetzesänderung werden die meisten Pflegebedürftigen zwar künftig mehr Geld erhalten. Aber das ändert nichts daran, dass die staatlichen Leistungen nur einen Teil der tatsächlichen Kosten abdecken - die Differenz müssen Betroffene nach wie vor selbst zahlen. Dabei können pro Monat leicht vierstellige Beträge zusammenkommen. "Auf der sichereren Seite sind diejenigen, die privat für die Pflegebedürftigkeit vorgesorgt haben", so der Pflegeexperte der DKV. "Eine Pflegezusatzversicherung beispielsweise ist eine gute Möglichkeit, Finanzierungslücken zu schließen." Wer bereits eine Police hat, braucht sich um nichts kümmern; die Versicherer passen den Schutz an die neuen Gegebenheiten an und werden ihre Versicherten darüber informieren. In den meisten Tarifen steigen die Leistungen. Wie in der gesetzlichen Versicherung auch, geht das allerdings nur mit einer gleichzeitigen Erhöhung der Beiträge. Wer in diesem Jahr noch eine Pflegezusatzversicherung abschließt, dessen Vertrag wird ebenfalls automatisch zum Januar umgestellt. "Es ist daher nicht nötig, bis zum Inkrafttreten der Gesetze zu warten", meint Alexander Winkler. "Stattdessen gilt: Je früher man sich um die Pflegezusatzversicherung kümmert, umso besser. Denn wer sich frühzeitig absichert, zahlt niedrigere Beiträge und profitiert von höheren Leistungen."
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