Ryanair-Einigung mit ver.di: Das Verbot von Betriebsräten widerspricht geltendem EU-Recht
14.11.2018
Politik, Recht & Gesellschaft
Skycop-CEO Marius Stonkus: "Es ist erschütternd, dass rund 150 Jahre nach Gründung der ersten Gewerkschaft in Deutschland noch immer um zentrale Arbeitnehmer-Rechte wie die Bildung eines Betriebsrats gestritten werden muss. Hier ist die Europäische Union in ihrer Rechtsauffassung deutlich fortschrittlicher, obwohl sie noch längst nicht so lange besteht."
Größter "Wermutstropfen" des erzielten Vorvereinbarung ist nach Aussage der Gewerkschaft ver.di die Ankündigung von Ryanair, auch weiterhin keine Betriebsräte in Deutschland zuzulassen. Ryanair beruft sich dabei auf eine Sonderregelung des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) für Fluggesellschaften. Demnach muss durch einen Tarifvertrag geregelt werden, wie eine Vertretung der Beschäftigten gebildet wird und welche Beteiligungsrechte gelten. Ohne einen Tarifvertrag gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG ist die Wahl eines Betriebsrates für das fliegende Personal eines Luftfahrtunternehmens nichtig. So urteilte vor wenigen Tagen das Arbeitsgericht in Frankfurt im Streit über eine Betriebsratswahl durch das Flugpersonal bei der Sunexpress Airline.
Viele Experten bezweifeln jedoch diese Auslegung, die darüber hinaus auch in völligem Widerspruch zu den Vorgaben der Europäischen Union steht. Die Mitgliedstaaten müssen demnach dafür sorgen, dass das Recht besteht, in Unternehmen und Unternehmensgruppen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern in der EU und den anderen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (Norwegen, Island und Liechtenstein) und mindestens 150 Mitarbeitern in jedem einzelnen von zwei Mitgliedstaaten europäische Betriebsräte einzusetzen. Ein Antrag von 100 Arbeitnehmern aus zwei verschiedenen Ländern oder eine Initiative des Arbeitgebers löst das Verfahren zur Einrichtung eines neuen Europäischen Betriebsrats aus. Eine Ausnahmeregelung für Flugpersonal kennt das EU-Recht nicht. Ryanair hat über 10.000 Mitarbeiter.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich in den vergangenen Wochen mehrfach zu diesem Thema geäußert und für eine Gesetzesänderung eingesetzt, die bis Ende Dezember auf den Weg gebracht werden soll. Hier müsse die Politik durchsetzen, was der Lowcoster verwehren würde, so ver.di-Verhandlungsführerin Mira Neumaier zum heute erzielten Verhandlungsergebnis.
Eine weitere Entscheidung zu diesem Thema soll am 19. Dezember vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt fallen. Hier geht es um einen Streit um die betriebliche Mitbestimmung bei der Frachtgesellschaft Aerologic, die wie Sunexpress zu 50 Prozent dem Lufthansa-Konzern gehört. Bei Aerologic wählten vor drei Jahren das fliegende Personal gemeinsam mit den Bodenmitarbeitern einen Betriebsrat, wogegen die Fluggesellschaft bisher erfolgreich klagte.
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