BFH zur steuerbegünstigten Veräußerung einer Einzelpraxis
11.12.2018
Politik, Recht & Gesellschaft
Voraussetzung für eine tarifbegünstigte Veräußerung einer Einzelpraxis ist, dass die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen übertragen werden.
Wird eine Praxis veräußert, sind die Gewinne aus dem Verkauf als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu versteuern. Das Einkommensteuergesetz sieht für solche Veräußerungsgewinne unter bestimmten Voraussetzungen eine Tarifbegünstigung vor, erklärt die Wirtschaftskanzlei GRP Rainer Rechtsanwälte.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 21.08.2018 die Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis definiert (Az.: VIII R 2/15). Demnach setzt die tarifbegünstigte Veräußerung voraus, dass die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen übertragen werden. Dazu müsse der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit einstellen. Ob der Mandantenstamm definitiv übertragen wurde, lasse sich allerdings erst nach einer gewissen Zeit feststellen, so der BFH.
Im konkreten Fall hatte der Kläger seine Einzelpraxis an eine Steuerberatungsgesellschaft verkauft. Gegenstand des Kaufvertrags war auch der gesamte Mandantenstamm. Außerdem vereinbarten beide Parteien, dass der Kläger freiberuflich für die Gesellschaft tätig wird. Diese Tätigkeit gab der Kläger allerdings nach knapp zwei Jahren wieder auf und eröffnete unter Mitnahme eines überwiegenden Teils seiner Mandanten wieder eine Einzelpraxis. Nach einer Außenprüfung kam das Finanzamt deshalb zu dem Ergebnis, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Praxis nicht als begünstigter, laufender Gewinn zu erfassen sei und setzte die Einkommensteuer entsprechend höher fest.
Einspruch und Klage gegen den Einkommensteuerbescheid blieben erfolglos. Nach Auffassung des Finanzgerichts stellte sich die ursprüngliche Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen im Nachhinein als bloße Unterbrechung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit heraus. Dies folge daraus, dass der Kläger nach nur 22 Monaten in derselben Stadt und unter Mitnahme eines wesentlichen Teils seines ehemaligen Mandantenstamms wieder eine Einzelpraxis eröffnet hat. Die Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Veräußerung seien damit nachträglich entfallen. Der Bundesfinanzhof schloss sich dieser Auffassung an. Wenn der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit wieder aufnehme, könne sich das besonders auf die Übertragung des Mandantenstamms negativ auswirken. Im Streitfall habe die Zeitspanne von 22 Monaten nicht für eine definitive Übertragung des Mandantenstamms ausgereicht.
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