Energiewende an das Fassade
12.02.2020
Umwelt & Energie
Die jährliche Sanierungsquote im Gebäudebestand stagniert in Deutschland nach wie vor bei einem Prozent. Was aber lässt sich konkret tun, um Millionen ungedämmte Quadratmeter Fassadenfläche in möglichst kurzer Zeit auf Klimaschutzniveau zu bringen? Planer, Techniker und Wissenschaftler setzten sich mit dieser Herausforderung in Fachvorträgen auseinander, zu denen das Düsseldorfer Unternehmen Proceram, Entwickler und Anbieter von Hochleistungsdämmputzen, eingeladen hatte. Im Mittelpunkt der Vorträge in München, Leipzig und Duisburg stand die spannende Frage, wie und womit die energetische Ertüchtigung von Gebäuden unter Denkmalschutz am effizientesten erfolgen kann. Eine Zwischenbilanz nach drei von insgesamt sechs Tagungen, zu denen jeweils bis zu fünfzig Gäste kamen.
"Dass denkmalgeschützte Gebäude von jeglicher Dämmpflicht ausgenommen sind, leistet dem Klimaschutzbestreben einen Bärendienst. Sind CO2-Emissionen aus beheizten Baudenkmälern etwa weniger klimaschädlich als die aus anderen Häusern?", fragt Proceram-Geschäftsführer Christoph Dworatzyk, der unlängst zum Senator der Wirtschaft ernannt wurde und sich als Bauzulieferer und Unternehmer dem Klimaschutz verpflichtet fühlt.
Dämmstoff für den Denkmalschutz
In seinen Fachvorträgen wies der Experte praxisgerechte Wege, wie Fassaden gedämmt und historische Details dabei erhalten werden können. "Denkmalpflegerischen Erwägungen, die auf Bewahrung historischer Fassadenmerkmale zielen, steht das Dämmen von Außenwänden nicht länger entgegen: Mit Cerabran®-Dämmputzen auf Aerogel-Basis genügen vergleichsweise geringe Schichtdicken von nur 20 bis 25 mm, um den Mindestwärmeschutz zu erzielen. Die aktuelle Gesetzeslage, wonach Gebäude unter Denkmalschutz zwecks Erhalts sichtbarer Baukultur auch im Sanierungsfall weder fassadenseitig noch von innen gegen Transmissionswärmeverluste gedämmt werden müssen, erscheint mir daher revisionsbedürftig.", betonte Christoph Dworatzyk, http://www.cerabran.com.
Aerogel inside
Zu den von Proceram entwickelten Cerabran®-Systembaustoffen gehört unter anderem der Aerogel-Hochleistungs-Dämmputz Histobran®®, der mit einem Lambda-Wert von nur 0,028 W/mK eine geradezu sensationelle Dämmwirkung erzielt. "Mit dem speziell für Baudenkmäler konzipierten Histobran®-Dämmputzsystem entbehren Ausnahmeregelungen im GebäudeEnergieGesetz der Grundlage. War es bisher so, dass sich die gesetzlichen Vorgaben zur Energieeinsparung bei Bestandsgebäuden fassadenseitig zumeist nur durch Aufbringen dicker Dämmplatten erfüllen ließen, genügt mit Histobran® dank Aerogel-Füllstoff eine Spritzbeschichtung von geringer Dicke, um eine gemauerte Außenwand energetisch nahezu auf Neubau-Standard zu bringen.", bestätigt Dipl.-Bauing. Markus Blau, Manager für Marktentwicklung in der deutschen Niederlassung des amerikanischen Füllstoff-Herstellers Cabot Aerogel Inc. mit Sitz in Alpharetta/US-Bundesstaat Georgia. Cabot Aerogel ist der weltgrößte Erzeuger und Anbieter von Aerogelen; die Produktion für den europäischen Markt findet in Frankfurt-Hoechst statt. Einsatzgebiete sind neben der Baubranche unter anderem die Kosmetik- und die Textilindustrie.
Für schlanke, exzellent gedämmte Wände
Bei Aerogelen handelt es sich um winzige Zellen, die Luftmoleküle wie kleine Waben umschließen und die Wärmeweiterleitung dadurch unterbrechen. Sie sind ganz leicht, ungiftig, umweltschonend, emittieren keine flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) und dämmen permanent. Die Applikation von Dämmputzen auf Aerogel-Basis erfolgt wärmebrückenfrei im maschinellen Spritzverfahren. "Mit dem Histobran®-Dämmputz lassen sich sogar Friese, Pilaster, Bossen und Lisenen nachbilden, so dass das ursprüngliche Fassadenbild eines als Baudenkmal geschützten Hauses weitestgehend erhalten bleibt. Unsere Erfahrungen über den Einsatz und die praktische Bewährung dieses zukunftsweisenden Dämmputzsystems beruhen auf mehr als 40.000 qm Fassadenfläche", berichtet Maximilian T. Sanner, der bei Proceram in Düsseldorf die Entwicklung von Cerabran®-Systembaustoffen leitet.
Heute ist in Zukunft Bau-Geschichte
"Als Architekt habe ich mich eingehend mit der Sanierung historischer Außenwände befasst. Von daher weiß ich, welche Anforderungen an die Planung und Umsetzung zu stellen sind, damit die Bauphysik am Ende richtig funktioniert.", hob Dr.-Ing. Ronald Franke hervor. In seinen Betrachtungen schlug der Baumeister aus Dresden einen weiten Bogen vom Palast des Herodes in vorchristlicher Zeit über die Baukulturen der Antike und des Mittelalters zur fabrikmäßigen Herstellung von Ziegeln während der Industrialisierung bis in unsere Gegenwart. "Bis 1000 v.Chr. wurden Häuser praktisch nicht beheizt. Das musste man auch nicht, denn die Räume wurden damals zumeist nur kurzzeitig genutzt. Erst ab 1100 n.Chr. kommen im Erzgebirge und in Nordeuropa Kachelöfen zum Einsatz, mit denen eine Kammer im Winter allerdings nur auf etwa 6 bis 8 Grad gewärmt werden konnte. Seither verlegen wir unser Leben immer mehr in den Innenraum. Daraus folgt, dass wir für ein relativ konstantes Temperaturniveau im Haus sorgen müssen. Da wir die Räume heute wesentlich länger und intensiver nutzen als früher, ist die Anwendung neuer Instandhaltungstechnologien unter Einsatz innovativer Materialien folgerichtig und notwendig."
Den Passivhausstandard im Blick
Dipl.-Ing. Arch. Helmut Brouwers, Geschäftsführer des Berliner Planungsbüros Blue Energy Solutions, befasste sich mit der Sanierung vorzugsweise großer Mehrgeschossgebäude. Mehr als 2000 Objekten hat er schon zu einem neuen Energiebedarfsniveau verholfen. "Wir haben aus einem elfgeschossigen Plattenbau, Baujahr um 1990, mit dem Cerabran-Aerogel-Dämmputzsystem ein energetisches Vorzeigeobjekt gemacht, das die Anforderungen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) an ein Effizienzhaus 85 erfüllt.", berichtet der Gebäudeenergieexperte. Der Energiebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr sank bei dem betreffenden Objekt von 100 kW/m²a vor der Sanierung auf 34 kW/m²a danach, was einer Einsparung von zwei Dritteln Energie gleichkommt. Über die Fassadendämmung hinaus sieht Helmut Brouwers als weitere sinnvolle Anwendungsmöglichkeit für Aerogel-Dämmputze die Innendämmung: "Gegenüber vielen anderen Systemen führt die geringe Wärmeleitfähigkeit des Cerabran-Dämmputzes zu schlankeren Dämmstärken." Durch lückenlosen Verbund des homogenen Putzes mit dem mineralischen Untergrund können keine Hohlräume entstehen, in denen sich Tauwasser ansammeln könnte; auch nicht in kritischen Bereichen wie Fensterlaibungen oder Deckenanschlüssen. Im Neubau lassen sich nach Brouwers Worten einschalige gemauerte Außenwände mit einem Cerabran-Aerogel-Dämmputz beschichten, wodurch sich sogar der Passivhausstandard erzielen lässt.
Innendämmung auf historischem Mauerwerk
Einen wissenschaftlichen Vergleich Aerogel-haltiger Dämmputze in hygrothermischer Raumsimulation mit konventionellen Dämmputzen unternahm Dr. Dipl.-Phys. ETHZ Karim Ghazi-Wakili, Geschäftsführer des Instituts für angewandte Bauphysik (IABP) in Winterthur/Schweiz: "Die Überlegenheit Aerogel-haltiger Dämmputze gegenüber Plattendämmstoffen ist im Hinblick auf die untersuchten Merkmale unverkennbar", resümierte der Wissenschaftler, der im Rahmen seines faktenreichen Vortrags auch das Simulationsprogramm WUFI vorstellte. Mit WUFI lässt sich der gekoppelte Wärme- und Feuchtetransport in Bauteilen instationär darstellen und berechnen.
Dämmputz auf ganzer Fläche
Anschauliche Beispiele für gelungene energetische Sanierungen von Wohngebäuden in bewohntem Zustand präsentierte Johannes Schwinn, Projektsteuerer des Planungsbüros gfp aus Berlin. "Bei einem besonders augenfälligen Ensemble haben wir 15 vier- bis sechsgeschossige Häuser mit insgesamt 550 Wohnungen saniert. Dabei wurden rund 28.000 qm Fassadenfläche mit Cerabran-Aerogel-Hochleistungs-Dämmputz in Rekordzeit beschichtet. Die gesamte Sanierung dauerte lediglich ein Dreivierteljahr.", berichtete der Baupraktiker.
Neues erproben, Tradiertes bewahren
Mit der Entwicklung innovativer Materialien und angewandter industrienaher Verfahrenstechnik beschäftigt sich am Fraunhofer-Institut für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT Dipl.-Ing. Andreas Sengespeick aus Oberhausen: "Wir streben effiziente Prozesse, umweltschonende Technologien und nachhaltige Produkte an. Deshalb wollen wir Menschen motivieren, mit uns den Übergang in eine nachhaltige Gesellschaft zu begleiten.", informierte er über die Arbeit der Fraunhofer Gesellschaft. In seinem Vortrag widmete sich der Forscher Möglichkeiten zur Optimierung der U-Wert-Bestimmung: "Der Wärmedurchgangskoeffizient von Außenwänden wird von bauphysikalischen Faktoren beeinflusst, die zueinander in Beziehung stehen. Diese gilt es bei der Evaluation von Messdaten nachvollziehbar zu berücksichtigen.", führte Andreas Sengespeick aus.
Theorie und Praxis der Aerogele
Die nächsten Proceram-Fachveranstaltungen finden am 11.02. in Lübeck sowie am 18.02. in Frankfurt am Main statt. Interessenten können sich ab sofort vormerken lassen. Anmeldungen nimmt Proceram-Geschäftsführungsassistentin Nicole Stachorra unter info@cerabran.com bzw. 0211/247 925-0 entgegen.
Weitere Informationen: Maximilian Sanner, GL und Leitung Produktentwicklung, Tel. 0211 247 925.0
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