Frauen und Arbeitgeberimage
25.04.2013
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Die Erwerbstätigenquote von Müttern ist zwischen 2006 und 2011 von 64 auf 70 Prozent gestiegen, sagt der Fachkräfte-Bericht der Bundesregierung. Und fast 30 Prozent der Unternehmen haben in 2011 ihren personalpolitischen Schwerpunkt auf die gezielte Anwerbung von Frauen als Fach- und Führungskräfte gelegt, so die jüngste arbeitsmarktökonomische Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IDW/Januar 2013). Trotzdem stellen viele Firmen fest, dass sie zwar gern Frauen einstellen würden, sich aber schwer damit tun, auch geeignete Mitarbeiterinnen zu finden.
"Die Erwerbsbeteiligung steigt, insbesondere bei Frauen und Älteren", stellt Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zufrieden fest. Allerdings muss sie zugeben: "Die Zahlen zeigen aber auch, dass wir das Potential insbesondere bei den Frauen bei weitem noch nicht ausgeschöpft haben."
Frauen und gerade gut qualifizierte Frauen legen bei der Auswahl des künftigen Arbeitgebers auf ganz andere Faktoren Wert als Männer. "Frauen bewerten potentielle Arbeitgeber mehr nach ganzheitlichen Maßstäben", ist die Erfahrung von Elke Witzmann, Unternehmensberaterin bei ac.consult in Aachen, http://www.acconsult.info . So rangiert bei Frauen beispielsweise das soziale Verantwortungsbewusstsein eines neuen Arbeitgebers hoch oben auf der Notenskala, ebenso punkten bei ihnen ökologisches Engagement, positive Arbeitsbedingungen und Teamarbeit. Natürlich schauen Frauen auf die technischen Spitzenleistungen eines Betriebes, interessieren sich für dessen fachliches Ranking und das Gehalt, das gezahlt wird. Wenn es aber zur Entscheidung kommt, dann zählt für Frauen das Gesamtpaket. Und da sind mindestens genauso wichtig die sozialen Aspekte, die Firmenphilosophie, das Verantwortungsbewusstsein eines neuen, möglichen Arbeitgebers.
"Wenn man sich Stellenanzeigen oder die Print- und Online-Selbstdarstellung von
Firmen näher anschaut, dann dominieren hier eindeutig vertriebsorientierte und männlich dominierte Kategorien", stellt Elke Witzmann. Die Aspekte, auf die Frauen Wert legen, wenn sie sich für ein Unternehmen als neuen Arbeitgeber interessieren, werden nicht herausgestellt. Dabei leben gerade oft die mittelständischen Betriebe im Arbeitsalltag diese von Frauen geschätzten Werte, ohne sich dieses Attraktivitätspotentials bewusst zu sein.
Firmenphilosophie nach außen tragen
Wir sind ein sehr soziales Unternehmen", erzählt Constanze Lenzen, Marketing Specialist bei der Software-Firma MACD. Mit inzwischen mehr als 30 Mitarbeiter/innen am Standort Aachen sah die Geschäftsleitung den Zeitpunkt gekommen, die Firmenphilosophie in einem Leitbild festzuschreiben.
"Was haben wir an Werten, wie wollen wir arbeiten, was macht uns aus?", beschreibt George Macdonald, Geschäftsführer von MACD, die Ausgangsfragen. "In diesem Klärungsprozess haben wir festgestellt, dass uns Menschlichkeit und ein ganzheitliches Denken wichtig sind. Jeder soll bei uns gern arbeiten, sich hier wohl fühlen. Wir sind sehr sozial eingestellt, pflegen in unserer Firma das Gemeinschaftsgefühl und denken verantwortungsbewusst und langfristig."
Constanze Lenzen beispielsweise wurde im Sommer 2011 als junge Mutter mit zwei kleinen Kindern für Marketing und Kommunikation eingestellt, für manche Betriebe ein Risiko, das sie eher nicht eingehen wollen. Die Firma zahlt ihr außerdem einen Zuschuss zum Kita-Beitrag. Wenn die Kinder krank sind, kann sie selbstverständlich zu Hause bleiben. "Auf der Homepage war von dieser Firmenphilosophie nichts zu sehen, sie zeigt zu wenig Fotos, zu wenig Menschlichkeit, das haben wir im Laufe unserer Leitbild-Überlegungen gemerkt", sagt Constanze Lenzen.
Das Besondere entdecken und herausstellen
Ähnliches stellt Kerstin Steffens fest, in dritter Generation Geschäftsführerin und Gesellschafterin des Elektrogrosshandels Biron und Jansen. "Ich verstehe mich als traditionell hanseatische Kauffrau und empfinde unseren gelebten Firmenalltag nicht als ungewöhnlich." Erst im Feed Back mit Unternehmensberaterin Elke Witzmann kamen die Pluspunkte ihres Familienbetriebes sozusagen ans Tageslicht.
Leistungsorientierte Entlohnungssysteme (ohne die soziale Absicherung zu gefährden), eine hohe Identifikation der Mitarbeiter mit der Firma, Freistellungen für Pflegezeiten der Angehörigen, beinah ausschließliche Rekrutierung des Personals aus den eigenen Reihen, Einstellung einer jungen Mutter als Auszubildende.
"Das ist doch nichts Besonderes", findet Unternehmerin Kerstin Steffens und reagiert ganz überrascht auf den Vorschlag der Unternehmensberaterin, mit diesen Fakten in der Selbstdarstellung zu punkten. "An einem Arbeitgeber interessieren die Qualitäten, die dem Arbeitnehmer wichtig sind. Dass in einem Betrieb die menschlichen Seiten, die unternehmerische Fürsorge, die Rücksicht auf familiäre Situationen einen hohen Stellenwert genießen, wird noch viel zu wenig nach außen kommuniziert", sagt Witzmann. Gerade wenn man Frauen einstellen wolle, müsste in der Außendarstellung umgedacht werden, müsste man neben den technischen Leistungen auch die sozialen Pluspunkte des Betriebes herausstellen, so ihr Fazit.
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