Quoten sind ein Irrweg
15.03.2011
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
von Ansgar Lange +++ Sindelfingen, März 2011 - "Es hilft uns nicht weiter, wenn wir bei jeder Gelegenheit nach neuen Quoten oder staatlichen Vorgaben rufen. Deutschland ist bereits jetzt ein Land mit zu viel Dirigismus, Bürokratie und Verkrustungen". Mit diesen Worten reagiert Michael Zondler, Geschäftsführer des Sindelfinger Personalberatungsunternehmens Centomo http://www.centomo.de , auf die Forderung des Chefs der Senioren-Union http://www.seniorenunion.de nach einer Quote für ältere Arbeitnehmer. Otto Wulff, der Vorsitzende der mit 57.000 Mitgliedern zweitgrößten CDU-Bundesvereinigung, hatte in dem Mitglieder-Magazin "Souverän" den Abschied vom Jugendkult vergangener Jahre gefordert. Zugleich sprach sich das Mitglied des CDU-Bundesvorstands gegen mehr Zuwanderung aus: "Wir brauchen keine "neue Willkommenskultur". Wir brauchen eine neue Unternehmens-Kultur, eine neue altersgerechte Personalpolitik."
"Herr Professor Wulff ist eigentlich ein kluger Mann. Das politische Handwerk hat er von der Pike auf gelernt. Auch in Wirtschaftsfragen kennt er sich aus. So war er einige Jahre Direktor der Deutschen Bank. Außerdem ist er als Honorar-Professor für internationales Entwicklungs- und Finanzrecht an der Ruhr-Uni Bochum tätig. Schade, dass ein so kluger Mann so dumme und einseitige Statements von sich gibt. Warum spielen wir in Deutschland immer so leicht unterschiedliche Bevölkerungsgruppen gegeneinander aus? In diesem Fall Senioren und Zuwanderer. Herr Wulff hat ja Recht: In Zeiten des demographischen Wandels sind wir auf ältere Fachkräfte angewiesen. Doch staatliche Zwangsmaßnahmen wie Quotierungen sind das völlig falsche Mittel, um erfahrene Arbeitnehmer nach Jahren der Arbeitslosigkeit wieder in Lohn und Brot zu bringen. Auch die harte Absage an eine neue Willkommenskultur halte ich für falsch. Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als würden wir hierzulande nur über das Thema Migration sprechen im Zusammenhang mit Islamismus, Ausländerkriminalität etc. Hier darf unsere Debatte keine Schlagseite bekommen", so Zondler. "Wir werden nicht jede freie Stelle beispielsweise im Ingenieurwesen mit einem 60-Jährigen besetzen können. In einigen Bereichen sind wir darauf angewiesen, dass ein dynamischer 30-Jähriger aus Asien, Afrika oder woher auch immer uns mit seinem Know-how weiterbringt. Zuwanderung kann in meinen Augen sehr wohl eine große Bereicherung darstellen - für uns wie für die Zuwanderer."
Wulff habe Recht, wenn er ganz konkrete Schritte wie spezielle Stühle für Rückenleidende, Hebehilfen für Gehbehinderte sowie ein Gesundheitsmanagement in größeren Unternehmen fordere. "In diesen Fragen hat aber der Staat nichts zu suchen. Dies sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie ihre Interessenvertretungen vor Ort aushandeln. Wir dürfen auch nicht die Eigenverantwortung unserer älteren Beschäftigten in Vergessenheit geraten lassen. Jede 50-jährige Frau und jeder 50-jährige Mann muss auch selber durch Sport und gesunde Lebensweise dafür sorgen, dass man im Beruf leistungsfähig bleibt", so Zondlers Appell.
Es könne nicht sein, dass oft schon Mitarbeiter ab 42 Jahren kaum noch in den Genuss von Weiterbildungsmaßnahmen oder Seminaren kommen. Die Unternehmen müssten erkennen, dass mit zunehmendem Alter die Wechselbereitschaft und die Flexibilität nachlasse, die Ansprüche aber gleichzeitig wachsen, betont Personalberater Zondler. "Die Arbeitgeber benötigen Konzepte, wie sie die Zielgruppe der älteren Fachkräfte für sich gewinnen können. Nicht nur monetäre oder inhaltliche Angebote sind hierbei entscheidend. Immer wichtiger werden die so genannten soften Themen für den potenziellen Wechsel; zum Beispiel Freizeitangebote, Vergünstigungen bei Vereinigungen und Veranstaltern, Freiräume in der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitszeit. Aber wie gesagt: Diese Dinge müssen sich in der Wirtschaft von selbst regeln. Der Staat sollte sich nicht auch noch dieses Thema ans Bein binden."
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