Pressemitteilung von Katja Rheude

Das Bewerbungsgespräch - die Stunde der Wahrheit?


Politik, Recht & Gesellschaft

Ein Bewerbungsgespräch ist nicht nur für den Jobsuchenden ein wichtiger Termin. Auch für das Unternehmen ist er von oft großer Bedeutung, schließlich soll der neue Mitarbeiter fachlich bestens qualifiziert sein und auch menschlich ins Team passen. Für die Entscheidungsfindung hat der Arbeitgeber meist nur die schriftlichen Unterlagen und ein oder zwei persönliche Begegnungen - bei denen er allerdings auch nicht alles fragen darf. Daher ist eine gute Vorbereitung wichtig. Welche rechtlichen Aspekte es bei einem Bewerbungsgespräch zu beachten gilt, fasst die D.A.S. Rechtsschutzversicherung zusammen.

Bewerbungsunterlagen wie Zeugnisse, Lebenslauf und Referenzen vermitteln einen recht guten Eindruck der fachlichen Kompetenz eines Bewerbers. Doch Papier ist bekanntlich geduldig - daher spielt der persönliche Kontakt mit dem Bewerber für den Arbeitgeber eine wichtige Rolle. Hier können alle Fragen gestellt werden, die sich nach dem Studium der schriftlichen Unterlagen ergeben haben - wirklich alle Fragen? "Grundsätzlich darf der potenzielle Arbeitgeber im Rahmen des Vorstellungsgesprächs alles fragen, was für seine Einstellungsentscheidung wichtig ist", erläutert Anne Kronzucker, Juristin bei der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. "Das Fragerecht wird jedoch durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers einerseits und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers andererseits eingeschränkt." Der Arbeitgeber muss ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung der Frage für das Arbeitsverhältnis haben (BAG, Az. 2 AZR 467/93).


Nicht alle Fragen sind erlaubt!

Als Faustregel für das Bewerbungsgespräch gilt: Nur solche Fragen sind rechtlich erlaubt, die nicht unverhältnismäßig in die Privatsphäre eingreifen und die in einem direkten Zusammenhang mit der künftigen Arbeitsstelle stehen. So ist beispielsweise die Frage nach der sexuellen Orientierung absolut tabu - außer, der Bewerber bemüht sich beispielsweise um eine Stelle bei einer Einrichtung der katholischen Kirche.

Umgekehrt ist der Bewerber verpflichtet, alle Umstände offen zu legen, die das Arbeitsverhältnis offensichtlich erschweren oder belasten könnten. Diese Aufklärungspflicht betrifft insbesondere Umstände, die die Arbeitsleistung im konkreten Beruf einschränken oder behindern, wie zum Beispiel chronische oder ansteckende Krankheiten sowie relevante Vorstrafen. Konkret: Eine Sekretärin, die seit Jahren unter einer chronischen Sehnenscheidenentzündung leidet, muss dies unbedingt mitteilen.

"Bei den Fragen nach Ausbildung, bisherigem Werdegang, Prüfungsergebnissen, Vorbeschäftigungen und Fortbildungsmaßnahmen hat der Arbeitgeber ein eindeutiges Fragerecht", fährt die D.A.S. Expertin fort und warnt zugleich: "Dagegen sind Fragen nach Heiratsplänen, bestehender Schwangerschaft oder einem Kinderwunsch unzulässig!" Auch die Religions-, Gewerkschafts- und Parteizugehörigkeit, ehrenamtliche Tätigkeiten oder die Weltanschauung des Kandidaten sind tabu. Sonderrechte haben allerdings so genannte Tendenzbetriebe - etwa Kirchen oder eine über Politik berichtende Zeitungsredaktion. Hier darf nach dem Glauben oder der politischen Ausrichtung gefragt werden, soweit dies für die angebotene Stelle eine Rolle spielt. Fragen nach den finanziellen Verhältnissen (z. B. Schulden, Schufa-Auskunft) sind zwar grundsätzlich unzulässig. Käme der Bewerber bei seiner neuen Tätigkeit jedoch als Buchhalter, Bankkassierer oder Geschäftsführer mit Geldmitteln des Unternehmens in Berührung, dann können sie berechtigt sein.


Schwerbehinderung: Fragen zulässig?

Ob und unter welchen Umständen der Arbeitgeber den Bewerber nach einer möglichen schweren Behinderung fragen darf, ist nicht einfach zu beantworten: Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erlaubte auch die Frage nach der so genannten Schwerbehinderteneigenschaft. Nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wird diese Rechtsprechung von vielen Juristen als überholt angesehen, da eine Behinderung bei der Bewerberauswahl von Gesetz wegen keine Rolle mehr spielen darf. Auch der neu eingeführte § 81 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches IX verbietet ausdrücklich eine Benachteiligung Schwerbehinderter und verweist auf das AGG. Allenfalls kann eine solche Frage bei Tätigkeiten zulässig sein, die bestimmte körperliche Fähigkeiten erfordern.


Mit Unwahrheiten muss gerechnet werden, wenn.

Bei nicht erlaubten Fragen billigt der Gesetzgeber dem Bewerber ein "Recht zur Lüge" zu - eine spätere fristlose Kündigung wegen arglistiger Täuschung, weil beispielsweise die Bewerberin die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft fälschlicherweise mit "Nein" beantwortet hat, ist unzulässig (BAG, Az. 2 AZR 621/01). Wird die Frage nach einer Schwangerschaft dennoch gestellt, darf sich die Bewerberin eindeutig mit einer Lüge behelfen. Das gilt sogar für den Fall, dass sie den Job während der Schwangerschaft aufgrund eines gesetzlichen Beschäftigungsverbots gar nicht ausüben dürfte und darüber auch informiert ist (EuGH, Rs. C-320/01).


Arbeitgeberrechte bei Täuschung

Muss der Arbeitgeber nach der Einstellung eines neuen Mitarbeiters feststellen, dass dieser eine zulässige Frage im Bewerbungsverfahren bewusst falsch beantwortet hat - beispielsweise den fehlenden Führerschein für den Firmen-Gabelstapler oder -LKW - dann kann der Arbeitsvertrag innerhalb eines Jahres nach Entdeckung der arglistigen Täuschung angefochten werden (§§ 123, 124, 142 BGB). Voraussetzung: Die verschwiegene oder verdrehte Tatsache, im Beispiel die notwendige Führerscheinklasse, war ein wichtiger Grund für die Einstellung. Folge: Der Arbeitsvertrag endet bei Anfechtung mit sofortiger Wirkung. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Unwahrheit der fraglichen Antwort für den Arbeitgeber offensichtlich erkennbar war (z. B. wenn ein Bewerber, der schwerbehindert ist, weil er für jeden deutlich an Kleinwüchsigkeit leidet, das Vorliegen einer Behinderung verneint, um keine Sonderbehandlung zu erhalten, BAG, Az. 2 AZR 380/99).

Ein Rat der D.A.S.: "Arbeitgeber sollten sich vor dem Gespräch anhand der schriftlichen Bewerbungsunterlagen einen Fragenkatalog erstellen. Dabei ist es wichtig, die erlaubten Fragen zu kennen - damit später keine unerfreulichen Überraschungen auf das Unternehmen zukommen!"

Weitere Informationen zu rechtlichen Fragen unter http://www.das-rechtsportal.de

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