Einsatz von Unqualifizierten im Rahmen eines Praktikums begründet kein Scheinarbeitsverhältnis
06.02.2015
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Essen, 06. Februar 2015*****Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat mit Urteil vom 05.12.2014 über die Klage eines Praktikanten auf Arbeitslohn entschieden. Danach ist ein Praktikant auch dann kein Arbeitnehmer, wenn er im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme, ähnlich wie ein Arbeitnehmer, in den Betrieb eingebunden wird. Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des AGAD Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (http://www.agad.de) aus Essen, begrüßt diese Entscheidung außerordentlich, weil das LAG nicht den Fehler begehe, "Äpfel mit Birnen zu vergleichen".
"Wird ein bereits qualifiziert ausgebildeter Mitarbeiter als Scheinpraktikant eingesetzt, kann es sich um ein Arbeitsverhältnis handeln. Sollen einem Unqualifizierten im Rahmen des Praktikums aber grundlegende Kompetenzen für das Arbeitsleben vermittelt werden, handelt es sich eben nicht um ein Scheinarbeitsverhältnis. Das muss schon aus sozialpolitischen Erwägungen auch in Zukunft weiter gelten", kommentiert Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug die Entscheidung des LAG Hamm.
Geklagt hatte ein Praktikant, der mit einem Bildungsträger eine "Lehrgangsvereinbarung für Teilnehmerinnen und Teilnehmer an berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen" geschlossen hatte. Der Bildungsträger führte diese Maßnahme in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit durch. Im Rahmen dieses Lehrgangs hatte der Kläger Praktika zu absolvieren. Insgesamt zwei Praktika absolvierte er in einem Lebensmittelmarkt. Nach Abschluss der Praktika verlangte der Praktikant, basierend auf einem Stundenlohn für nicht ausgebildete Arbeitnehmer im nordrhein-westfälischen Einzelhandel, eine Vergütung in Höhe von insgesamt 6.477,50 EUR.
Dazu trug er vor, dass er wie ein Arbeitnehmer in dem Lebensmittelmarkt eingegliedert gewesen sei. Beispielsweise sei ihm der Getränkeshop anvertraut gewesen. Er habe dort Regale nachfüllen, Ware neu bestellen, das Lager aufräumen und das Pfand manuell zählen sowie kassieren müssen.
Während sich die Vorinstanz noch in der Hauptsache mit der juristischen Abgrenzung von Praktikum und Arbeitsverhältnis beschäftigte, hob das LAG diese Entscheidung auf und stellte entscheidend auf den Zweck der Maßnahme und die fehlende Ausbildung des Klägers ab.
Das LAG führte aus, dass Personen, die an einer öffentlich geförderten Maßnahme bei einem Bildungsträger teilnähmen, im Regelfall zur Arbeitsverwaltung in einem öffentlich-rechtlichen Leistungsverhältnis stünden. Dies gelte auch für während dieser Maßnahme durchgeführte Praktika.
Der Fall des Klägers unterscheide sich von einem bereits ausgebildeten Praktikanten, bei dem möglicherweise eine bereits erlernte Arbeitstätigkeit unter dem Deckmantel eines Praktikums abgefragt werde. Der schwierige und noch immer nicht vollzogene Einstieg des Klägers in eine erste dauerhafte und zu einem Abschluss führende berufliche Ausbildung und die inzwischen langen Jahre seiner Förderung durch Bildungsträger seien im Rahmen der Gesamtwürdigung objektive Kriterien, die die Aufnahme eines betrieblichen Praktikums als Teil einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme belegten.
Die Situation des Klägers habe es zwangsläufig mit sich gebracht, dass sich der Kläger in den Betrieb der Beklagten wie ein Arbeitnehmer einzugliedern hatte, um die dort geforderten Kompetenzen zu erlernen und zu trainieren.
Abschließend stellte das LAG auch darauf ab, dass geförderte berufliche Qualifizierungsmaßnahmen quasi unmöglich würden, wenn der den Praktikumsplatz anbietende Vertragspartner davon ausgehen müsste, bereits mit der dem berufseingliederungsfördernden Zweck einhergehenden Eingliederung das Risiko eines Arbeitsverhältnisses einzugehen.
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