Neue Rechtsprechung bei Betriebsratsbeschlüssen
02.04.2014
Politik, Recht & Gesellschaft
Der Siebte Senat hält an seiner Rechtsauffassung, ein Beschluss des Betriebsrats zu einem nicht in der Tagesordnung aufgeführten Punkt könne auch bei einstimmiger Beschlussfassung wirksam nur gefasst werden, wenn alle Betriebsratsmitglieder anwesend sind, nicht fest.
BAG Beschluss vom 22.01.2014 - 7 AS 6/13
Folgendes hat sich durch die neue Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Betriebsratsbeschlüssen geändert:
Der 1. und der 7. Senat des BAG sind sich nunmehr darüber einig, wann ein Betriebsratsbeschluss ohne oder außerhalb einer Tagesordnung wirksam ist. Bis zur Anfrage des 1. Senats vom 09.07.2013 -1 ABR 2/13 (A) - konnte das Fehlen einer Tagesordnung bei der Einladung zur Betriebsratssitzung nur geheilt werden, wenn alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder auf der Betriebsratssitzung anwesend waren und der nachträglichen Tagesordnung zustimmten. Wurden in einer Betriebsratssitzung bei Fehlen der Tagesordnung Beschlüsse gefasst, ohne dass diese Voraussetzungen vorlagen, waren die Beschlüsse unwirksam.
Seit dem 22.01.2014 ist auch der 7. Senat des BAG (Aktenzeichen 7 AS 6/13) nunmehr der Auffassung, dass auf einer Betriebsratssitzung trotz fehlender Tagesordnung ein wirksamer Beschluss gefasst werden kann, wenn
- alle Betriebsratsmitglieder einschließlich eventuell erforderlicher Ersatzmitglieder rechtzeitig geladen wurden,
- der Betriebsrat beschlussfähig im Sinne des § 33 Abs. 2 BetrVG ist, also mindestens die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt und
- die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben, über den Regelungsgegenstand des später gefassten Beschlusses zu beraten und abzustimmen.
Ausdrücklich wird nicht mehr gefordert, dass in der Betriebsratssitzung alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder anwesend sind. Die oben dargestellten Grundsätze gelten auch für eine Ergänzung der Tagesordnung in der Betriebsratssitzung.
Diese Rechtsprechungsänderung soll die praktische Betriebsratsarbeit erheblich erleichtern. Insbesondere bei personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, bei denen dem Betriebsrat nach der Unterrichtung nur eine Frist von einer Woche zur Verfügung steht, soll auch bei fehlerhafter Einladung ohne Tagesordnung eine wirksame und fristgerechte Reaktion möglich sein.
Der Schutz des einzelnen Betriebsratsmitgliedes vor dem Zwang, Themen behandeln und beschließen zu müssen, mit denen es sich noch nicht ausreichend beschäftigt hat, wird dadurch sicher gestellt, dass der Beschluss, über den bei der Einladung noch nicht bekannten Regelungsgegenstand zu beraten und zu beschließen, einstimmig sein muss. Ein Betriebsratsmitglied, dass sich nicht ausreichend vorbereitet fühlt, kann seine Zustimmung verweigern mit der Folge, dass ein ordnungs-gemäßer Beschluss in dieser Sitzung nicht möglich ist.
Autor und zuständig für Rückfragen: Regine Windirsch, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Sozialrecht in der Kanzlei Bell&Windirsch Bell&Windirsch (http://www.fachanwaeltinnen.de) , Düsseldorf.
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