Schlachthof-Skandal aus Hürth bei Köln zieht Kreise bis in die Eifel
16.02.2023
Politik, Recht & Gesellschaft
Ende Januar hat das Deutsche Tierschutzbüro Bildmaterial aus dem Schlachthof "Mezbaha" in Hürth bei Köln (NRW) veröffentlicht, die Bildaufnahmen sind dem Verein zugespielt worden und im Zeitraum vom 25.12.2022 bis 04.01.2023 mit versteckter Kamera entstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigten einen brutalen Umgang mit den Tieren. So wurden Schafe regelrecht an Beinen und Schwänzen in den Schlachtraum gezogen, Rinder mit Mistgabeln misshandelt. "Die Zustände in dem Betrieb gleichen einem Horrorfilm", so Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. Die Liste der Verfehlungen ist lang, so wurden Tiere auch mangelhaft betäubt, doch der Hauptvorwurf ist, dass einige der Tiere sogar betäubungslos geschlachtet worden sind. Dazu wurden Schafe brutal auf den Boden gedrückt und ihnen ohne vorherige Betäubung die Kehle aufgeschnitten. Dabei ist das betäubungslose Schlachten von Tieren in Deutschland grundsätzlich verboten und nur in einem einzigen Bundesland (Hessen) mit einer Ausnahmegenehmigung möglich. Solch eine Ausnahmegenehmigung lag dem Schlachthof in Hürth jedoch nicht vor. "Die Tierquälerei in dem Schlachthof ist kaum in Worte zu fassen, es ist sicherlich mit das Schlimmste, was ich jemals gesehen habe", sagt Peifer.
Die Sichtung des Materials hat ergeben, dass etwa 15 % der Tiere in dem Schlachthof auf illegale Weise geschlachtet worden sind. "Insgesamt wurden in dem vorgenannten Zeitraum 13 betäubungslose Schlachtungen dokumentiert", sagt Peifer. Nach kurzer Sichtung des Videomaterials hat das Deutsche Tierschutzbüro bereits am 09.01.2023 das zuständige Veterinäramt im Rhein-Erft-Kreis informiert, noch am gleichen Tag wurde den Schlachtern und dem Betreiber die Sachkunde entzogen, was bedeutet, dass diese Personen nicht mehr schlachten dürfen. Darüber hinaus hat das Veterinäramt den Schlachthof versiegelt und damit weitere Schlachtungen untersagt. "Das Veterinäramt hat nach unserem Hinweis sehr schnell gehandelt und den Schlachthof geschlossen", sagt Peifer.
Der Betreiber des Schlachthofs gibt sich als Viehhändler aus Weinsheim, Eifelkreis Bitburg-Prüm in Rheinland-Pfalz, aus. Im Internet sind diverse Firmeneinträge zu finden, auch liegen dem Deutschen Tierschutzbüro Rechnungen von Landwirten vor. "Die Rechnungen stammen aus dem Jahr 2022 und zeigen klar einen Ankauf von Tieren durch den Betreiber des Schlachthofes", so Peifer. Dabei wurde genau das dem Betreiber von den zuständigen Behörden, dem Veterinärwesen und der Lebensmittelüberwachung, Ende 2019 aus tierseuchenrechtlichen Gründen untersagt. Auch ein Neuantrag auf Viehhändler-Tätigkeit im Jahr 2022 scheiterte. Laut Auskunft der Kreisverwaltung hat der Betreiber des Schlachthofes in Weinsheim nur eine Stallung gepachtet für die Lagerung von Materialien. "Pikant ist allerdings, dass das Veterinäramt bei Beschlagnahmungen und dem Abtransport von Tieren genau diese Person indirekt über andere Viehhändler engagiert hat", so Peifer. Zuletzt erfolgte dies am 06.01.2023, also kurz vor Bekanntwerden des Schlachthof-Skandals in Hürth.
"Auf dem Videomaterial aus dem Schlachthof Hürth ist der Betreiber mehrfach zu sehen, wie er absichtliche Tiere quält und misshandelt" sagt Peifer. Immer wieder sieht man, wie er Rinder mit Mistgabeln treibt, in einigen Szenen wird die Mistgabel offenbar auch bewusst ins Gesicht der Tiere gestochen. Auch betäubt der Betreiber unsachgemäß Rinder. So zeigen einige der Tiere nach dem Bolzenschuss noch klare Anzeichen von Bewusstsein, wie z.B. Abwehrreaktionen, Schwanzwedeln, Bewegung der Gliedmaßen. In einer Szene treibt der Betreiber ein Rind in die Betäubungsbox, dort muss das Tier im Anschluss ca. 30 min. warten, bis es getötet wird. In dieser Zeit gerät das Tier in Panik, da es die Schlachtung von anderen Artgenossen und Schafen sowie das Ausnehmen sieht. Auch in weiteren Szenen ist der Betreiber zu sehen. "Wer so sehr Tiere quält sollte ein Tierhalteverbot bekommen und weder als Schlachthofbetreiber noch als Viehhändler tätig sein", fordert Peifer.
Die Staatsanwaltschaft Köln (AZ 911Js190/23) ermittelt bereits u.a. gegen den Betreiber, denn er ist auch für die Tierquälerei, die seine Mitarbeitende im Schlachthof in Hürth betrieben haben, mitverantwortlich.
Dabei gibt es immer wieder Fälle von Tierquälerei in Schlachthäusern. Dies decken Tierrechtsorganisationen seit Jahren auf und sorgen letztlich dafür, dass die Betriebe geschlossen werden. So sind in rund 15 dokumentierten Schlachthäusern in den letzten Jahren immer wieder Fehlbetäubungen, brutaler Umgang und Misshandlungen von Tieren aufgefallen. In fast allen Fällen wurden die Schlachthäuser geschlossen.
Das Deutsche Tierschutzbüro rät allen Menschen, die solch eine Tierquälerei nicht unterstützen möchten, eine rein pflanzliche Lebensweise. Völlig gleich, ob betäubt oder nicht, Tiere leiden immer im Schlachthof und kein Tier geht freiwillig dort hin.
Bildmaterial auf Anfrage.
Weitere Informationen: https://www.tierschutzbuero.de/betaeubungsloses-schlachten-huerth
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