Schwein verbotenerweise 19-mal mit Elektrotreiber im Schlachthof Laatzen misshandelt
12.08.2020
Politik, Recht & Gesellschaft
Das Deutsche Tierschutzbüro hatte Ende 2018 versteckt aufgenommenes Videomaterial aus dem Schlachthof in Laatzen bei Hannover veröffentlicht. Die Bildaufnahmen sind der Tierrechtsorganisation anonym zugespielt worden. Auf den Bildern sieht man, wie einige Schweine verbotenerweise mehrere dutzende Male mit Elektroschockern im Treibgang zum Schlachtraum getrieben und dabei malträtiert und gequält werden, während sie keine Möglichkeit zur freien Bewegung haben. Auch gab es ein Problem im Bereich Hygiene und Sicherheit, denn einige der Tiere sind nach der Betäubung vom Transporthaken gefallen. Das Deutsche Tierschutzbüro hatte die Zustände damals bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Oldenburg, dem zuständigen Veterinäramt und beim Ministerium für Landwirtschaft in Hannover zur Anzeige gebracht. Einige Supermarktketten stellten daraufhin kurzzeitig die Zusammenarbeit mit dem Schlachthof ein.
Betreiber des Schlachthofs ist seit 2017 die Leine-Fleisch GmbH. Über 500.000 Schweine werden pro Jahr im Schlachthof Laatzen, der auch Bio-zertifiziert ist, geschlachtet. Der Besitzer und Geschäftsführer leitet ebenfalls die Vital-Fleisch GmbH mit Sitz in Speyer.
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nun nach über 1,5 Jahren der Ermittlungen das Verfahren gegen die Verantwortlichen eingestellt. Der Tatbestand der Tierquälerei sei nicht erfüllt und es seien keine länger anhaltenden Leiden und Schmerzen auf dem Videomaterial erkennbar gewesen. "Wir sind sehr verwundert über diese Einschätzung, denn aus Tierschutzsicht sieht man klare Verstöße gegen das Tierschutzgesetz" so Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro. Selbst in der Einstellungsbegründung wird darauf verwiesen, dass mindestens ein Schwein verbotenerweise bis zu 19-mal mit einem Elektroschocker misshandelt und gequält wurde. Dabei konnte sich das Tier nicht freibewegen und war seinem Peiniger schutzlos ausgesetzt. Immerhin soll jetzt dieser*diesem Tierquäler*in die Sachkunde entzogen werden, damit dürfte sie*er dann ihren*seinen Job los sein. Möglicherweise ist diese Person auch nicht mehr für den Schlachthof Laatzen tätig, denn nach bekannt werden der Vorwürfe teilte die Leine- Fleisch GmbH damals mit, dass sowohl einer Person, die über einen Werksvertragspartner im Schlachthof tätig war, als auch dem gesamten Subunternehmen gekündigt wurde. "Die Struktur der "Sub-Sub-Firmen" ist gängige Praxis in der Fleischindustrie und wird nicht nur bei Tönnies, sondern bei fast allen Schlachthöfen betrieben, da macht auch Bio keinen Unterschied" so Peifer.
Laut dem Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft soll sogar auch ein Schwein in dem Treibgang verstorben sein. Warum und woran? Das hat die Staatsanwaltschaft jedoch offenbar nicht ermittelt, zumindest wurde in dem Einstellungsschreiben nicht weiter darauf eingegangen. Akteneinsicht bekommen die Tierrechtler*innen bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Oldenburg ohnehin nicht. Und so ist auch nicht bekannt, ob das Videomaterial, was der Schlachthof selbst durch seine eigene Kameraüberwachung aufgezeichnet hat, überhaupt beschlagnahmt und gesichtet worden ist. "Der Schlachthof Laatzen galt als ein Vorzeigebetrieb: regionale Verarbeitung, Bio-zertifiziert und Videoüberwachung, doch all´ dies bringt nichts, dennoch werden dort Tiere gequält" kritisiert Peifer.
Das Deutsche Tierschutzbüro kritisiert die politischen Überlegungen einer verpflichtenden Videoüberwachung und führt an, dass für eine umfassende Videoüberwachung eine enorme Anzahl an Kameras installiert werden müsste. Schon alleine für den Schlachthof in Laatzen schätzen die Tierrechtler*innen, wären mindestens 50 Kameras nötig, um alle Bereiche überall abzudecken und dokumentieren zu können. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer für die Sichtung des Materials zuständig sein sollte. Die einzig sinnvolle Lösung wäre, dass Amtsveterinär*innen das Bildmaterial täglich sichten. Doch dafür bräuchte man deutlich mehr Personal. Das benötigte Personal könnte aber zielführender direkt im Schlachthof selbst kontrollieren. Letztlich ist die Forderung nach einer Videoüberwachung nicht durchdacht und hilft den Tieren nicht. Die Tierrechtler*innen plädieren daher für eine vegane Lebensweise, denn nur so kann man den Tieren wirklich nachhaltig helfen. "Wenn es noch einen Beweis braucht, dass der Ruf nach Videoüberwachung in Schlachthöfen reine Symbolpolitik ist, liegt er mit unserem Material aus dem Schlachthof Laatzen vor. Anstatt wenig zielführende Vorschläge zu bringen, sollte das gesamte System hinterfragt und grundsätzlich am besten abgeschafft werden", so Peifer abschließend.
Laut Einstellungsbescheid soll das Verfahren an das zuständige Veterinäramt abgegeben werden, um Ordnungswidrigkeiten (u.a. Entzug der Sachkunde) zu ahnden. Nach juristischer Prüfung durch Fachanwält*innen wird das Deutsche Tierschutzbüro nicht rechtlich gegen die Einstellung der Staatsanwaltschaft Oldenburg vorgehen.
Weitere Informationen und die Videobilder aus dem Schlachthof Laatzen finden Sie hier: http://www.tierschutzbuero.de/realitaet-schlachthof/laatzen
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