"Preis der Herzlosigkeit" 2022 geht an Schlachtunternehmen Westfleisch
11.10.2022
Politik, Recht & Gesellschaft
Jedes Jahr vergibt das Deutsche Tierschutzbüro einen Negativ-Preis. Mit diesem Preis sollen Firmen oder Personen "ausgezeichnet" werden, die von Tierquälerei profitieren, diese nicht abstellen oder direkt bzw. indirekt Tiere misshandeln oder ausbeuten. In der Vergangenheit haben z.B. die Modefirmen Breuninger und Bogner den Preis wegen des Verkaufs von Echtpelz erhalten. Beide Firmen sind mittlerweile pelzfrei. Aber auch der Betreiber des berüchtigten Schweinehochhauses und das Schlachtunternehmen Tönnies wurden schon mit dem Negativ-Preis "geehrt".
Dieses Jahr geht der "Preis der Herzlosigkeit" an Westfleisch in Münster. Das Deutsche Tierschutzbüro begründet seine Entscheidung damit, dass das Unternehmen bei Verstößen gegen den Tierschutz nicht konsequent durchgegriffen hat und stattdessen den Menschen auf der firmeneigenen Website eine heile Welt vom "Bauern von Nebenan" suggeriert. Dabei betreibt Westfleisch selbst keine Mastanlagen, sondern arbeitet nach eigenen Angaben mit über 3.000 landwirtschaftlichen Betrieben zusammen. "Die bei Westfleisch geschlachteten Schweine stammen überwiegend aus der Massentierhaltung, wo sie auf Spaltenböden gehalten werden und keinerlei Auslauf haben", sagt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro.
Vor wenigen Wochen hat das Deutsche Tierschutzbüro aus gleich sieben Westfleisch-Zulieferbetrieben Bildmaterial veröffentlicht. Die Aufnahmen sind schockierend, in allen Betrieben wurden kranke, verletzte und sogar tote Schweine vorgefunden. Eine ärztliche Behandlung von kranken Tieren erfolgte offenbar überhaupt nicht oder unzureichend. In einem Betrieb in Niedersachsen wiesen 70 % der Tiere meist blutige Verletzungen der Ringelschwänze auf. In anderen Betrieben wurde kranken Tieren nachts nicht ausreichend Wasser und Futter zur Verfügung gestellt. Versteckte Kameras filmten, wie Schweine brutal mit Elektroschockern, die teilweise in das Gesicht der Tiere gehalten wurden, auf Transporter zum Westfleisch-Schlachthof getrieben worden sind. Einige der Betriebe nehmen sogar an der "Initiative Tierwohl" teil und erhalten EU-Subventionen, damit die Tiere besser gehalten werden. "Die Liste der Verfehlungen ist sehr lang", so Peifer. Es wurden unmittelbar die Veterinärämter informiert, die meist schnell gehandelt, eine Kontrolle durchgeführt und die Missstände selbst vorgefunden haben. Teilweise haben die Ämter selbst Strafanzeige erstattet.
Auch das Deutsche Tierschutzbüro hat gegen alle sieben Betriebe eine Strafanzeige erstattet, wobei die Staatsanwaltschaften bereits in allen Fällen die Ermittlungen aufgenommen haben. "Am meisten schockiert mich eigentlich, dass die dokumentierten Westfleisch-Zulieferbetriebe zufällig ausgewählt worden sind und in allen Betrieben katastrophale Zustände und Gesetzesbrüche vorgefunden wurden. Die Tierquälerei hat System", sagt Peifer. Auf der Westfleisch-Website wurden einzelne Zulieferbetriebe in sogenannten "Hofportraits" dargestellt, es wurde in die Kamera gelacht und der "Bauer von nebenan" präsentiert. Über diese Hofportraits wurden die Betriebe ausgewählt, die dokumentiert wurden. Nach bekannt werden der Bilder hat Westfleisch die Hofportraits von der Website genommen. "Offenbar hat der Konzern Angst, dass noch weiteres Bildmaterial aus weitere Stallungen veröffentlich wird", so Peifer. Daneben hat Westfleisch angekündigt, mehr Kontrollen durchzuführen. Dabei kontrolliere das Schlachtunternehmen nach eigener Darstellung ohnehin schon alle Bereiche. Zudem stünden der Tierschutz im Fokus und man hätte ein Tierschutzmanagement. Westfleisch hat die Zusammenarbeit mit den Skandalbetrieben bisher nicht beendet.
Diese Scheinheiligkeit war mit ein Grund für das Deutsche Tierschutzbüro, den Konzern heute mit dem Negativ-Preis auszuzeichnen. "Die vorgegaukelte heile Tierschutz-Welt, die Westfleisch auf seiner Website präsentiert, hat nichts mit der Realität zu tun. Letztlich geht es dem Unternehmen nur darum, Tiere im Akkord zu schlachten und möglichst viel Profit zu machen", stellt Peifer dar.
Heute haben knapp zehn Aktivist*innen des Deutschen Tierschutzbüros im Rahmen einer Protestaktion versucht, den "Preis der Herzlosigkeit" an die Verantwortlichen der Firma Westfleisch zu übergeben. Doch niemand hat sich bereit erklärt, den Preis anzunehmen. Mit Banner, Schildern und einem Megaphon wurde auf die Tierquälerei in Westfleisch -Zuliefererbetrieben aufmerksam gemacht. "Westfleisch stellt sich seiner Verantwortung nicht und versteckt sich", so Peifer abschließend. Die friedliche Protestaktion wurde um 11 Uhr beendet.
Weitere Informationen zur Westfleisch Kampagne: https://www.tierschutzbuero.de/westfleisch-skandal/
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