Befragung Betrugsprävention: Banken haben gesetzliche Anforderungen noch nicht ausreichend umgesetzt
08.07.2011
Unternehmen, Wirtschaft & Finanzen
Gesetzliche Änderungen und immer komplexere Betrugsszenarien beschäftigen derzeit die Branche. Eine aktuelle Befragung der SHS VIVEON AG, einem auf Customer Management spezialisierten Business- und IT- Beratungshaus, hat untersucht, wie deutsche Banken und Leasingunternehmen auf die gesetzlich geforderten Präventionsmaßnahmen vorbereitet sind und welchen Reifegrad die Betrugsprävention in den Unternehmen hat.
Die Befragung richtete sich an verantwortliche Risikomanager und Fraud-Experten deutscher Banken und Leasingunternehmen. Die befragten Teilnehmer gaben einen Überblick über den aktuellen Status der Umsetzung von Betrugsprävention in deutschen Finanzinstituten.
Insgesamt scheint sich die Anzahl von betrügerischen Handlungen und Wirtschaftskriminalität erhöht zu haben. Das bestätigt nicht nur die polizeiliche Kriminalstatistik 2010, die im letzten Jahr einen Anstieg der Geldwäschevorfälle um 48, 1 Prozent verzeichnet, sondern auch die befragten Fraud-Experten: 33 Prozent gaben an, dass die Anzahl der Betrugsfälle in der Branche gestiegen sei.
Aufsichtsbehörden haben die Tragweite der Problematik bereits erkannt und Banken empfohlen, angemessene Geschäftsgrundsätze und Verfahrensweisen zu etablieren, die einen hohen Sicherheitsstandard im Finanzsektor fördern. Außerdem wurden vom Gesetzgeber umfangreiche regulatorische Anforderungen, wie beispielsweise die Neufassung des Geldwäschegesetzes (GWG), formuliert, die Banken und Finanzdienstleister verpflichtend umsetzen müssen.
Die Befragung zeigte jedoch, dass ein Großteil der Institute diesen Anforderungen noch nicht umfassend gerecht wird. So haben bislang nur etwa 70 Prozent der befragten Unternehmen die Neufassung des GWG von 2008 bereits vollständig umgesetzt und lediglich 62 Prozent erfüllen nach eigenen Angaben die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MARisk).
Deutlich weniger Unternehmen, insgesamt 38 Prozent, haben sich bisher konkret mit den neu geregelten Auflagen des §25c Kreditwesengesetz (KWG) auseinandergesetzt, das am 9. März 2011 in Kraft getreten ist. 29 Prozent der Befragten geben an, mit der Überarbeitung begonnen zu haben; 19 Prozent planen eine Anpassung bis Ende 2011. Überraschend ist allerdings, dass 10 Prozent der befragten Institute derzeit noch gar keine Pläne zur Umsetzung der neuen Vorgaben haben.
"Diese Angaben entsprechen unseren Erfahrungen aus Projekten und Gesprächen", sagt Dr. Jörg Seelmann-Eggebert, Director Customer Risk bei SHS VIVEON. "Gerade die neuen Vorgaben des §25c KWG fordern intensivere Prüfungskriterien bei der Identifikation von Neukunden und der kontinuierlichen Überwachung der Bestandskunden. Die geforderten Präventionsmaßnahmen sind sehr komplex und stellen Unternehmen hier bei der Umsetzung oft vor große Herausforderungen."
Diese Einschätzung bestätigen auch die befragten Experten: Ihrer Aussage nach liegt die größte Herausforderung für Institute in der Einführung eines geeigneten Systems bspw. zur Automatisierung der Prozesse oder zur Identifikation, Überwachung und Dokumentation von Betrugsfällen (58 Prozent). Zudem sehen die Teilnehmer weitere Hürden vor allem in der Schulung der Mitarbeiter (49 Prozent) und der Einhaltung der gesetzlichen Fristen (48 Prozent).
"Wir unterstützen Unternehmen dabei, entsprechende prozessuale und systemische Anpassungen vorzunehmen und diese vor allem auch fristgerecht umzusetzen. Hier verzeichnen wir eine gestiegene Nachfrage", sagt Dr. Jörg Seelmann-Eggebert.
SHS VIVEON fragte die Experten in den Unternehmen nach der konkreten Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. Die Antworten ergaben dabei ein sehr eindeutiges Bild: Die bisherigen Anpassungen wurden vor allem bei den internen Prozessen zur Überwachung der Geschäftsbeziehungen (57 Prozent) und der Dokumentation im Rahmen der Aufzeichnungspflichten (76 Prozent) vorgenommen. Weniger als die Hälfte der Unternehmen hat bisher Änderungen an internen Systemen durchgeführt, um die regulatorischen Anforderungen umzusetzen.
"Die große Herausforderung liegt unserer Erfahrung nach darin, die internen Prozesse und Systeme äußerst flexibel zu gestalten", ergänzt Dr. Seelmann-Eggebert. "Denn im Grunde ist die Erkennung von Betrugsszenarien ein Hase-Igel-Spiel. Die Betrüger erfinden in kurzer Zeit immer neue Wege die Sicherheitsvorkehrungen der Banken zu umgehen. Banken müssen ihre Präventionsmaßnahmen einfach, schnell und effektiv anpassen können. Wir sehen gerade hier noch großen Handlungsbedarf. Für die Kreditwirtschaft wird die Prävention und Bekämpfung von betrügerischen Handlungen und Wirtschaftskriminalität aus unserer Sicht in den kommenden Jahren weiterhin erheblich an Bedeutung gewinnen."
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